Zur Abwechslung alles im Superlativ (*/**)
Der Autor Georg Petz im Porträt – mit Pressestimmen und Suchanleitung.
Immer sind es die Superlative. Der vielversprechendste, außergewöhnlichste, hübscheste, trinkfesteste Typ des Jahres. Er lässt sich in keine Schublade stecken, beugt sich keinen Konventionen und weiß dennoch immer genau, wessen Hand er beißt. Und wegklicken, bitte.
Wenn Sie wissen wollen, wann Georg Petz geboren wurde, googeln Sie ihn. Oder: Kaufen Sie eines seiner Bücher. Wollen Sie seinen Stil erkunden, gehen Sie mal zu einer Lesung, wollen Sie wissen, wozu er so fähig ist, stiften Sie ein Literaturstipendium. Glauben Sie wissen zu müssen, welches theoretische Gebilde hinter seinen analytischen, erzählerisch präzise ausgefeilten Romanen und erschreckend tiefgründigen, zugleich aber humorvollen Erzählungen steckt, gehen Sie ein Bier mit ihm trinken.
Georg Petz, am 21. Dezember 2007 30 Jahre alt geworden (bis das Buch über amazon.de kommt, haben Sie schon vergessen, dass Sie eigentlich auf das Geburtsdatum neugierig waren), ist kein Shootingstar, dessen Gesicht Sie wöchentlich aus Ihrer Tageszeitung ausschneiden können. Obwohl ja „Shootingstar" eigentlich Sternschnuppe heißt. Die verschwindet doch wieder von der Bildfläche. Also Georg Petz ist schon viel zu lange da, um als kurzes, Glück verheißendes Licht am Firmament aufzugehen.
2005, als das Fehlen von „Shootingstars" in Graz noch beweint wurde, war er zur Alfred-Döblin-Werkstatt 2005 ans Literarische Colloquium Berlin (LCB) geladen. 2005 hat Georg Petz nach seinem verstörenden Debüt „Übernachtungen" (Leykam 2003) den Erzählband „Die Anatomie des Parasitären" (Leykam) auf den Markt geworfen. Dass dieses Buch ins Französische übersetzt wurde und im Sommer erscheint, habe ich erfahren, als ich Georg Petz ausdrücklich gebeten habe, mir zu sagen, was es denn so zu sagen gebe. Das ist der Unterschied, den ich meine.
Als 2006 das große Roman-Debüt „Die Tausendjährige Nacht" kam - ... - war es da. Pressestimmen, bitte.
„Ordnen, aufzeichnen, katalogisieren, das ist die Leidenschaft des in einem abgehobenen Bibliotheksturm hausenden Chronisten G., der sich in der Rahmenhandlung als Schwerverletzter mit zahllosen Knochenbrüchen im Lazarettgebäude wiederfindet. Abermals mit einer Amnesie geschlagen und von einer Prostituierten gepflegt, wird die ihm die Geschichte der Stadt und seines Wirkens in ihr von Neuem erzählen", resümierte Ingeborg Sperl in ihrer Rezension im „Standard" grob die Handlung des 425 Seiten starken Romans, der 2006 in der Bibliothek der Provinz erschienen.
„Was Petz hier unternimmt, ist der Versuch einer kursorischen, eigenwilligen Interpretation des Zivilisationsprozesses, gleichzeitig versucht er eine Reflexion über das Erzählen an sich."
Es wird also klar, man muss ein Porträt schreiben. Aber Georg Petz hat nicht nur eine wirklich außergewöhnliche Diplomarbeit mit dem Titel "Die Texte des Grunge Rock. Ein Beitrag zur Funktionsgeschichte von Popmusik am Beispiel von 'Nirvana'" geschrieben, nein, er ist auch Lehrer geworden. Wäre er mein Deutschlehrer gewesen, würde es mir bestimmt leichter fallen, seine zahlreichen Verweise auf die Literaturgeschichte zu erkennen. Pressestimmen, bitte sprechen. (Mein Deutschlehrer ist wie vom Erdboden verschluckt).
„Petz verwebt in seinem beziehungsreichen Labyrinth Anspielungen aus der Literaturgeschichte, von den Merseburger Zaubersprüchen über Umberto Eco bis zu Karl Kraus, er verwendet sie auch als Motto über den Kapiteln und überlässt es dem Lesenden, die Assoziationen selbst herzustellen".
Dass Georg Petz nicht nur cool ist, weil er keinen der Superlative auf die Stirn tätowiert hat, sondern auch dem Leser eine gewisse kühle Distanz zum eigenen Schreiben vermittelt, entdeckte Eva Schäffer in ihrer Kritik in der „Kleinen Zeitung": „Seine starke, seine köstliche Spannung dieser nicht anders als meisterlich zu bezeichnende, atemberaubende, wahrhaftig abgründige Text aus der feinen, souveränen Gelassenheit des Schreibers, aus dem unaufhaltsam weiterdrängenden Fluss der Sprache."
Kürzlich ist Georg Petz' viertes Buch erschienen, das eine Kritikerin so treffend als „Panoptikum der Monstrositäten, des Unerklärlichen" beschrieb. Und weil Sie Georg Petz immer noch nicht gegoogelt haben, haben Sie jetzt drei Sekunden Zeit, den Titel des Romans zu recherchieren. Die ersten hundert Leser mit der richtigen Antwort haben die Chance, es auf amazon.de zu bestellen.
Vielversprechend, außergewöhnlich - und hübsch trinkfest.
Sonja Harter
Dezember 2007
Drei Jahre lang konnte man Texte von Georg Petz vor allem in Zeitschriften und Zeitungen lesen; im Herbst 2011 wird sein lang erwartetes, neues Buch „Bildstill" bei Leykam erscheinen.
Im Frühjahr 2011 wird der erste Teil seiner „Anatomie des Parasitären" auf Französisch verlegt. Und auch die Veröffentlichung von Georg Petz‘ Dissertation über räumliche Perspektivität in Landschaftsbeschreibungen der englischen Literatur im deutschen LIT Verlag steht bevor.
Werner Schandor
März 2011
**Update 2023: Von der Symphonie zur Sonate
Nach seinem Roman „Deja vu", 2012 in der „Bibliothek der Provinz" erschienen, veröffentlichte Georg Petz die Erzählbände „Millefleurs" (2014) und „Der Hundekönig. 14 Erzählungen aus einer Nacht" (2019) bei Leykam. Warum er vom Roman zur Erzählung wechselte, erklärte Petz dem „Literadio" bei der Frankfurter Buchmesse 2016 folgendermaßen: „Ich war immer der mit den dicken Büchern. Die Kurzform ist wie in der Musik die Etüden- oder Sonatenform - sie erlaubt das Spiel und das Experiment, während der Roman die Symphonie ist, wo man von vorne bis hinten ein Motiv durchspinnen muss. Nachdem ich hintereinander drei Romane veröffentlicht hatte, habe ich für mich die Kurzformen und das Spielerische entdeckt."
2014 nahm Georg Petz auf Einladung der Schweizer Jurorin Hildegard Elisabeth Keller mit der Erzählung "Millefleurs" an den „Tagen der deutschsprachigen Literatur" alias Bachmannpreis in Klagenfurt teil, ging aber leer aus. „Da sind Kritiker, die kommen beim Kaffee und sagen: ‚Toller Text! Hat mir gefallen! Aber unsere Shortlist ist leider schon voll. Ich werde Sie jetzt dann verreißen‘", erzählt Petz bei einem Video-Interview des Leykam-Verlags. Sein Resümee des Wettlesens: „Mit diesem Wechselbad der Gefühle muss man leben."
In diesem Interview wurde der Autor und Lehrer danach gefragt, wie seine Schülerinnen und Schüler am Gymnasium Hartberg auf seine Bücher blicken. Seine Antwort: „In der Regel freuen sie sich, dass der Lehrer etwas geschrieben hat - so nach dem Motto: ‚Wir müssen Hausübung schreiben, jetzt hat der Typ auch was geschrieben.‘"
Georg Petz unterlegt seinen literarischen Texten vielfach außerliterarische Strukturen. So ist es auch bei der Erzählsammlung „Der Hundekönig": Die Schablone für diese Sammlung ist das Punkrock-Konzeptalbum „Black Parade" von der Band „My Chemical Romance". Es erschien 2006 und stand am Anfang der sogenannten Emo-Bewegung. „Ich fand diese Bewegung als Literaturwissenschaftler sehr spannend, weil sie die dritte Auflage der Romantik in einer völlig aufgeklärten Zeit war", sagt Petz im Interview mit „Literadio". Er habe dann versucht, die musikalischen Strukturen des Albums bzw. der einzelnen Songs über das Erzähltempo und über sprachliche Motive etc. auf seine Texte zu übertragen. „Das waren spannende Versuche, ob sie geglückt sind, weiß ich nicht", sagt der Autor, der seiner Grundbescheidenheit treu geblieben ist.
Bücher von Georg Petz seit 2011:
- Bildstill. Roman. Leykam, Graz 2011
- Mind Maps: Die Entwicklung der Imitation räumlicher Perspektivität in Landschaftsdeskriptionen englischer Erzählliteratur. LIT Verlag, Münster 2012 (Dissertation Anglistik/Amerikanistik).
- Deja vu. Roman. Bibliothek der Provinz, Weitra 2012
- Millefleurs. Erzählungen. Leykam, Graz 2014
- Der Hundekönig. Vierzehn Erzählungen aus einer Nacht. Leykam, Graz-Wien 2019
ARTfaces-Redaktion
August 2023