Bewegungs-Bilder
Der Künstler Norbert Trummer erforscht Städte und Gebäude mit Zeichenblock und Buntstift.
Buntstifte zählen am Beginn des 21. Jahrhunderts eher selten zu den Werkzeugen von Künstlern. Häufiger arbeitet man, traditionell, mit Öl oder eben Acryl, oder aber mit Film und Video. Nicht so der Künstler Norbert Trummer: Der Buntstift zählt zu seinen wichtigsten Arbeitsgeräten; am liebsten hat er die eher gewöhnlichen Produkte jener Firma, die bevorzugt Volksschüler und Kindergartenkinder für ihre ersten künstlerischen Gehversuche ausstattet.
Trummer mag Buntstifte vor allem wegen ihrer Praktikabilität - schließlich arbeitet er häufig im Freien, oder zumindest an verschiedenen Orten. Sein bevorzugter Arbeitsplatz ist nicht das Atelier - wenigstens derzeit nicht - sondern sind Straßen oder Museen.
Früher malte Trummer Porträts: Bilder von Personen seines Bekanntenkreises setzte er seriell auf großen Holz-Tableaus um, die teilweise in den Raum ragten. Daraus entwickelte er - weil ihm einfiel, dass er seine Porträtserien ja auch in Bewegung versetzen könnte - kurze, kompakte Trickfilme. Und als er vor etwa zehn Jahren einige Zeit in Budapest verbrachte, begann er, seine Umgebung mit flottem Strich mit Tusche- und Buntstift abzubilden. Auf eine Seite seines Heftes kamen acht kleine Bilder, die er jeweils von derselben Position aus zeichnete - das wirkt, als hätte jemand zwischen verschiedenen Entfernungen und Blickwinkeln hin- und hergezoomt. Unwillkürlich beginnt man, eine Geschichte zu suchen - die man sich schon selbst erfinden muss. Die Arbeit „Dob utca. Budapest" markiert auch den Beginn von Trummers beständiger Zusammenarbeit mit Schriftstellern - den Text zu der Zeichnungs-Serie lieferte der Dichter Bodo Hell. Später publizierte Trummer gemeinsam mit Franzobel die beiden Bücher „Austrian Psycho oder der Rabiat Hödlmoser" und „Zirkusblut oder ein Austrian-Psycho-Trashkrimi, zweiter Teil" - für letzteren begleiteten die beiden einige Wochen einen Zirkus. Die Kooperation mit Schriftstellern schätzt der 1962 in Leibnitz geborene Künstler: „Es ist interessant zu sehen, wie sich am Schluss die Dinge unabhängig voneinander wieder ausgehen, wie sie sich stimmungsmäßig gut ergänzen", stellt er fest.
Häufig ist es jedoch bei Trummer mit Zeichnungen allein nicht getan: Viele seiner Serien werden von einem Animationsfilm begleitet, der sich direkt daraus ergibt. Anfänglich multiplizierte Trummer jeweils ein Bild dreimal und filmte es dann ab, sodass es zu zucken und flackern scheint - etwa in seinem Projekt „Krumlovsommer": Bei einem Aufenthalt in Krumau zeichnete und malte er Paddelboote an der Moldau, die er später per Trickfilm in Bewegung versetzte. Es scheint, als würden die Ruderer im Wasser auf der Stelle vor- und zurückspringen, ein Bild, das manchem bedrohlich, manchem witzig erscheint. Mittlerweile sind die Bilder in Trummers Trickfilmen geschmeidiger geworden - zuletzt etwa in seinem „Romalido", das seine Betrachter auf eine Reise von der Innenstadt Roms zum Strand mitnimmt. Auch seine Zeichnungen wurden mit der Zeit ausgearbeiteter, verfeinerter.
Derzeit hält sich Trummer häufig in Graz auf: Er arbeitet an einer Serie in der Neuen Galerie, die von seinem derzeitigen Standort, einem barocken Stadtpalais in der Sackstraße, eines Tages ausziehen soll. Trummer wurde eingeladen, seine Ansichten des Hauses zu notieren. Sein anderer Grazer Arbeitsplatz liegt einige Gehminuten davon entfernt, nämlich im Kulturzentrum bei den Minoriten. Auch dort erforscht er das Innere des Gebäudes. Natürlich mit Buntstift.
Nina Schedlmayer, November 2009





