Fast so wie Dylan und Wagner
Der junge Grazer Songwriter Effi macht ausgezeichnete Indie-Pop-Songs. Im Herbst erscheint sein Debütalbum.
Manchmal gibt es dann doch interessante Zufälle, die, auch wenn sie vielleicht nicht viel zur Sache tun, eine sehr eigene Aussagekraft haben. Sie betreffen Effi, das ist der 24-jährige Grazer Songschreiber und Popbastler Thomas Petritsch. Und die Zufälle sind folgende: Petritsch geht dem Studium der Germanistik nach und bewegt sich gerne in den Zirkeln der jüngeren Grazer Autorenszene. Wandelte Bob Dylan nicht Anfang der Sechziger im New Yorker Greenwich Village auf den Spuren der Beatniks, ließ sich von Literaten wie Arthur Rimbaud oder Charles Baudelaire inspirieren, noch bevor er zur Ikone der Folk-Bewegung wurde? Und behaupten nicht einige Dylanologen, Robert Allen Zimmermann, wie er im bürgerlichen Namen heißt, hätte sich für sein Pseudonym beim 1953 verstorbenen walisischen Schriftsteller Dylan Thomas bedient? Petritsch arbeitet schon seit längerem an der Umsetzung von Thomas´ Hörspiel „Under Milk Wood". Und dann noch die Mundharmonika, die beide spielen. Der Zufälle nicht genug, so hat Petritsch, wie der großartige Songwriter Kurt Wagner, der mit seiner Neo-Country-Big-Band Lambchop in Nashville beheimatet ist und erst nach größeren Erfolgen seinen Job als Bodenleger an den Nagel hing, einen Sommer lang als Fliesenleger gearbeitet.
Interessante Zufälle, man könnte aber auch einfach sagen: Auch Effi ist ein guter Songwriter und verfügt über einnehmenden Gesang. Und selbst wenn er sich für seine Songs sachte bei Hip Hop bedient, teilweise die Stimmung von Reggae einfängt und für die Produktion auch auf Elektronik zurückgreift, geschrieben werden die Songs, so wie Dylan es tat, noch immer auf der akustischen Gitarre. Bass, Ukulele, Mundharmonika und Kazoo, ein kleines Membranophon, damit kleidet er dann noch im Alleingang seine Songs aus. Weil Hip Hop erwähnt wurde: Natürlich fühlt man sich bei Effi eher an den süßen Conor Oberst (Bright Eyes) erinnert, als an einen Rapper aus den Strassen der Bronx. „Böse Zungen haben schon behauptet, ich würde Mädchenmusik machen", erzählt er. Das ist erstens unfair und zweitens politisch unkorrekt. Viel eher sollte man Popheimwerker wie den Deutschen Jim Avignon alias Neoangin oder vielleicht das britische Ein-Mann-Unternehmen Babybird, Hunderte Songs entstanden in seiner Frühphase im Keller, ins Spiel bringen. Auch sie fertigten diese manchmal recht kauzigen, oft sehr beschwingten, detailverliebten und verspielten, aber immer einem melancholischen Unterton verpflichteten Pop-Songs an.
Petritsch ist ein sympathischer, aufgeweckter und äußerst gesund wirkender Bursche, der gebürtig aus der südsteirischen Marktgemeinde Großklein stammt. Zwar behauptet er von sich, ein Perfektionist zu sein und jeden Tag mehrere Stunden bei seiner Musik zu sitzen („Ich feile an Kleinigkeiten eine Ewigkeit herum"), der blasse Studio-Nerd ist er deshalb aber nicht. Selbst eine Weltreise hat er schon hinter sich. „Ich wollte weg, wahrscheinlich wollte ich ausbrechen. Wohl auch, weil ich gerade das Bundesheer hinter mir hatte". In Neuseeland schloss er sich einer Gruppe französischer Musiker an, drei Monate lang waren sie mit dem Fahrrad unterwegs und verdienten als Straßenmusikanten ihr Geld. Dass Petritsch auch als Effi eines Tages gutes Geld verdient, ist nicht auszuschließen. Ohne ein Debütalbum veröffentlich zu haben, wurden seine Songs von FM4 oder Radio Soundportal ins Programm genommen, Anfang August ist er beim Grazer Soundslike Festival neben bekannten heimischen Acts wie Bunny Lake oder den Staggers zu sehen. Und der Endschliff für sein im Herbst erscheinendes Debütalbum, auch zwei Bläser wirkten mit, wurde zusammen mit Alexander Nefzger getätigt, der schon für Produktionen von heimischen Popkünstlern wie Clara Luzia oder Chris Gelbmann verantwortlich war. Der Titel steht noch nicht fest, aber die Handvoll Songs, die Petritsch vorab hören ließ, reichen aus, um ohne schlechtes Gewissen behaupten zu können: Es wird ein gutes Album.
Tiz Schaffer, Juli 2010