Weil Hank Williams Recht hatte
Matthias Forenbacher erzählt Geschichten mit Musik
Bringen wir es hinter uns: In nahezu jeder erschienenen Rezension anlässlich der Veröffentlichung des Albums „Life vest" (pumpkin records, 2010) wurde die Referenzmaschine angeworfen und der Vergleich insbesondere zu Bruce Springsteen gezogen. Und selbst wenn Matthias Forenbacher diesbezüglich ein Sättigungsgefühl erreicht hat und den Verweis nur mehr etwas verkrampft hören mag - zudem er die letzten Dylan-Alben jenen von Springsteen vorzieht - verhält es sich emotional betrachtet mit seiner Musik so wie in „Badlands" von Springsteen angedeutet: "Lights out tonight, trouble in the heartland." Damit hätten wir es hinter uns gebracht - aber nicht ganz.
Wer sich wie Matthias Forenbacher, 1974 in der Steiermark geboren und zwischen Österreich und Edmonton (Kanada) pendelnd, musikalisch den Weiten des Americana-Genres zuwendet, kommt um Vergleiche mit etablierten Größen nicht umhin, insbesondere wenn es eine stimmlich ausgeprägte Verwandtschaft gibt. Dennoch gäbe es auch andere, weniger am Stadionrock orientierte Verweisgrößen. Ben Weaver könnte man nennen, insbesondere beim Song „About Leaving" vom ersten, als digitalen Download erhältlichen Album „The Leaving", oder Eleni Mandell und deren befreiten Zugang zu musikalischen Stilrichtungen samt pop-affiner Produktionsweise oder auch Son Of The Velvet Rat. Saftig arrangierte, mit latenter Handbremse charmant vorgetragene Rocker stehen neben samtweichen Sehnsuchtsballaden, die kanadische Begleitband „The Bisons" rockt am Album kongenial. Wer Forenbacher bei einem der Auftritte anlässlich der Veröffentlichung von „Life vest" in Österreich gesehen hat, weiß aber auch über die Qualität der österreichischen Inkarnation seiner Band Bescheid. Verdiente Musiker wie Kurt Bauer an der Violine oder Gunter Jammernegg am Upright Bass und Wolfgang Hütter am Schlagzeug hauchen den Songs live zusätzliche Atemluft ein. Das schon erwähnte „About Leaving" bekommt dabei eine Dynamik, die man nur zu gerne in eben dieser instrumentell aufgefetteten Version auch auf Tonträger konserviert wissen möchte.
Besonders eindringlich wird es immer dann, wenn Matthias Forenbacher aufgeräumte Wehmut um sich greifen lässt. Ein zentrales Stück ist dabei der Song „Walden Pond". Der Titel nimmt Bezug auf Henry David Thoreaus Rückzugsgebiet in Massachusetts, wo der Unitarier fern der Zivilisation die Möglichkeit eines Lebens im Einklang mit der Natur auszuloten versuchte. Forenbacher war beim Besuch des Ortes von dessen Atmosphäre begeistert (mit dem Werk Thoreaus hat er sich übrigens erst in der Folge beschäftigt). Thoreaus Plädoyer für Einfachheit spiegelt sich in der Songlyrik wider. Im Gegensatz zu den vielfach zitierten und oben erwähnten Songwritern strahlen die Texte Forenbachers eine erhabene Schlichtheit aus, die weniger ausformulierte Geschichten sind als viel mehr Stimmungsgrundlagen, die den Raum für persönliche Auffüllung öffnen. Räume, in denen das Zwielicht scheint und unbefriedigte Wünsche lauern. Vor allem aber bestätigen die Forenbacher'schen Songs die alte Grundwahrheit Hank Williams', der so schön treffend formulierte: „Ein Lied ist nichts anderes als eine Geschichte mit Musik."
Forenbacher im Internet: www.myspace.com/forenbacher
Hannes Luxbacher, September 2010