„Star Wars war meine Bibel“ (*)
Andreas Heller baut Räume und Rahmen, er zeichnet, musiziert und organisiert und bei all dem denkt er ebenso gerne an Jules Verne wie an George Lucas.
Direkt zum *Update 2017
Andreas Heller wurde in Graz geboren, besuchte die Ortweinschule und begann Kunstgeschichte und Architektur zu studieren. 2003 bewarb er sich mit Erfolg an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, wo er 2008 seinen Abschluss machte. Neben künstlerischen Arbeiten beschäftigte er sich mit Ausstellungsaufbau in verschiedenen Institutionen. Sein Interesse gilt zudem der Geologie, der Geschichte und der Musik. So ist er Teil der Band Reflector, die im Rahmen der ARTfaces bereits porträtiert wurde, und hat gemeinsam mit Kollegen das Rockarchiv Steiermark aufgebaut.
Als bildender (Raum-)Künstler ist Heller besonders an Recherche und Theorie interessiert, nicht alles davon sieht man seinen Arbeiten auf den ersten Blick an. Vor einigen Jahren fielen seine schlichten und doch eindrucksvollen Grafiken vom Pol der Unzugänglichkeit auf, einem ausgesprochen unwirtlichen Ort in der Nähe des Südpols. Dann arbeitete Heller mit Schwarz-Weiß-Fotos von Bergsteigeridyllen und mit alten Kupferstichen, die er minimalisierte, indem er viele scheinbar wesentliche Informationen aus den Bildern entfernte. Zurück blieben etwa nur die Betrachter; die Landschaften, die sie bestaunten, waren verschwunden.
Andreas Heller schildert seinen Zugang dazu folgendermaßen: „Ich habe irgendwann begonnen, mich mit Wanderführern zu beschäftigen. Mit den Wegangaben und mit den Eigenheiten der Grafiken. Wie ist so ein Bild aufgebaut, wie sind die Vorder- und Hintergründe konstruiert? Wie sehr hat man sich an die romantische Malerei angelehnt im Bildaufbau?" Nachdem Heller etliche Exemplare in Antiquariaten erstanden und die Bilder verfremdet hatte, wandte er sich neuen Fragen zu, blieb aber dem Metathema Raum treu. In den vergangenen Monaten schuf er vor allem Modulsysteme, Rahmen aus Holz, die man auf verschiedene Art zusammensetzen kann. Es könnte sich um Landschaften handeln oder um Räume, es könnten aber auch rein grafische Linien sein. Manche sehen in seinen Arbeiten auch Börsenkurse und ähnliches, was Heller zwar nicht intendierte, aber durchaus zu schätzen weiß. „Mir ist es sehr wichtig, dass man mit dem Ausstellungsraum so flexibel wie möglich arbeiten kann, dass die Arbeit auch mit dem Raum kommunizieren kann", sagt der Künstler über seine Rahmen, die zuletzt in La Valletta, Salzburg und Krems zu sehen waren.
Wie intensiv Heller an der Konzeption seiner Werke arbeitet, zeigt sich, wenn im Gespräch die Rede auf ein scheinbar schwarzes Foto kommt: „Das Bild stammt aus einer Ausstellung in Salzburg. Der Raum, den ich konstruiert habe, basiert auf einem Höhleneingang in Slowenien, im Original sind die Größenverhältnisse allerdings ganz anders. Die Höhle heißt Hudna Luka, zu Deutsch „böses Loch", und dort hat man eine Spinne entdeckt, die ‚Troglophyphantes diabolicus'. Ich wollte einen komplett schwarzen Raum machen, nur mit einer Stablampe, die ihrerseits an Jules Verne erinnern soll, der in seinen Erzählungen ähnliche Erfindungen beschreibt. Man braucht in diesem Raum ungefähr 30 Sekunden, bis man überhaupt etwas sieht."
Die Faszination für Science Fiction und speziell für Jules Verne kommt aus der Kindheit: „Hörspiele und Verfilmungen seiner Werke waren für mich sehr prägend. Die Kulissen haben mich begeistert und genauso die Verbindung von Film und Malerei, von frühen Trickfilmelementen. Später war Star Wars meine Bibel, auch wenn ich jetzt keine Bilder in diesem Stil mache. Aber meine erste installative Arbeit beschäftigte sich tatsächlich mit Architekturen, die ich zu ‚UFO-Sichtungen' umgewandelt habe. Es ist schon seltsam, dass einen manche Dinge auch nach so vielen Jahren noch beschäftigen."
Zur Zeit widmet Heller sich einer Serie von bildhaften Holzobjekten, die einen vorgegebenen Rahmen haben und auf einer Seite aus diesem ausbrechen. Wenn er weder mit seinen Bildern noch mit Musik beschäftigt ist und auch gerade keine Ausstellung aufbaut, kann man ihn übrigens recht häufig im Forum Stadtpark in Graz antreffen, wo er seit 2010 für die Bildende Kunst im Programmforum verantwortlich ist.
Homepage: www.andreasheller.at
Wolfgang Kühnelt
Juli 2011
*Update 2017: Display-Systeme in Relation zum menschlichen Körper
Andreas Heller, seit 2017 für zwei Jahre Stipendiat des KUNSTRAUM STEIERMARK-Programms, beendet heuer seine achtjährige Tätigkeit als Verantwortlicher für bildende Kunst im Forum Stadtpark und freut sich, nun seine künstlerische Tätigkeit weiter ausbauen zu können. In einer seiner aktuellen Arbeiten werden reine Rahmen ohne bildhaften Inhalt zu Skulpturen und figuralen Objekten, die in der Art und Weise ihrer Darstellung zart, filigran, aber auf alle Fälle raumfüllend sind: „Die bildinhaltliche Entleerung ist für mich der wichtigste Schritt einer Analyse und die Folge der Reduktion der Bildkonstruktion auf ihr strukturelles Minimum. Wenn du meine Skulpturen ansiehst, sind sie fragmentarische Bildelemente und Ebenen. Konstrukte, die auch Kulisse, Wegarchitekturen oder Hindernisse sein könnten", erzählte Heller in einem Interview.
In einer seiner jüngsten Ausstellungen, „floor light act" im Herbst 2016 in der Akademie Graz, rückte er das Thema der in der Kunstgeschichte oft thematisierten „liegenden Figur" in den Mittelpunkt. Aus weiß lackierten Holzrahmen unterschiedlichster Größen kreierte er eine Figur, die einen liegenden Menschen symbolisieren sollte und von Kopf bis Fuß nur aus aneinander und ineinander gelehnten Rahmenobjekten bestand.
Astrid Kury, die Leiterin der Akademie Graz, schreibt dazu: „Andreas Heller sieht seine Installation als ,begehbares Gedankenmodell‘. Es geht ihm darum, die BetrachterInnen in seine Arbeit hineinzuziehen und Wahrnehmung zum Gestaltungsmaterial der Kunst zu machen. Die minimalistische Umsetzung schließt jede Ablenkung aus, wenn es um die Zuspitzung auf eine angekündigte Peripetie geht."
Heller bearbeitet in seinen Projekten Felder, die oberflächlich betrachtet vielleicht uninteressant scheinen. So gibt er zum Beispiel in einem zehnminütigen Video einen Einblick in die Welt der kleinen Objekte. Es sind teils besondere, teils banale Gegenstände, mit denen er der Frage nachgeht: Warum hängen wir an bestimmten Dingen? Was geben sie uns, und warum geben sie uns das? Ein Versuch einer exemplarischen, aber umfassend gedachten Leistungsgeschichte von Objekten.
Heller stellt stets Fragen an den Anfang seiner Projekte, weil er immer die Grundlage studiert haben will, um dann selbst konstruieren zu können.
Ein neues Objekt, das Heller erforscht, ist der „Stumme Diener", ein Möbel, das fast schon in Vergessenheit geraten und zur Ablage bzw. zum Aufhängen vor allem für Männerkleidung - Anzug, Sakko oder Mantel - frei im Raum gestanden ist.
Neben all seiner künstlerischen Tätigkeiten kümmert sich Heller mit fünf weiteren Kunstschaffenden (Daniel Fabry, Veronika Hauer, Anika Kronberger, Jakob Pock, Isa Riedl) um das Atelier Schillerstraße 31 in Graz, das mit dem internationalen Stipendienprogramm Styria-Artist-in-Residence (St.A.i.R.) des Landes Steiermark zusammenarbeitet.
Petra Sieder-Grabner
Juni 2017