ENKS - Evangelist und Stadtmaler
Der aus Ghana stammende, in Graz lebende Maler ENKS wärmt die Herzen mit naiven Bildern.
Ein Besuch bei ENKS in seiner kleinen Wohnung, die zugleich sein Atelier ist, in der St.-Peter-Hauptstraße. Er öffnet die Tür in seinem weißen Ärztemantel, den er zum Malen trägt, die Farbpalette in der Hand - er arbeitet gerade an einem kleinen Bild, das den Kopf eines Tyrannosaurus zeigt. ENKS malt, was ihm in den Sinn kommt: europäische Stadtszenen, afrikanische Landschaften und Dörfer, aber auch Gegenstände und Bildgeschichten. „Oft fallen mir die Dinge im Traum ein, dann wache ich auf und mache schnell eine Skizze", erzählt der Künstler.
Emanuel Nkrumah Kwabena heißt er mit bürgerlichem Namen, als ENKS kennt man ihn in der Grazer Kunstszene: Der Maler aus Ghana lebt seit 2003 in Graz und bereichert die Stadt mit seinen Werken, in denen oftmals afrikanische und mitteleuropäische Lebenswelten ineinanderfließen. Viele von ENKS‘ Bildern zeigen Stadtszenen mit Hochhäusern, Straßen, Bäumen, Brücken; auf anderen sind ghanaische Dorfszenen mit strohgedeckten Hütten, Seen und Bergwerken verewigt.
ENKS interessierte sich schon als Kind für die Malerei. Er besucht in der Hauptstadt Accra eine technische Lehranstalt, wird danach Schüler eines ghanaischen Künstlers und verdingt sich in seinem Heimatland als Maler und Bildhauer. Dann die Wende in seinem Leben: Der Älteste des Dorfes, aus dem ENKS stammt, bedroht ihn mit dem Tod, weil er sich weigert, die Nachfolge seines Vaters als Fetischpriester anzutreten. Emanuel flüchtet mit dem Schiff nach Europa, seine Odyssee bringt ihn 2003 nach Graz. Hier beginnt er nach einer Schaffenspause wieder mit dem Malen. Über den Kunstverein Baodo, der afrikanischen Künstlern an der Mur eine „Homebase" bietet, nimmt ENKS an diversen Workshops teil, und er erhält auch eine Genehmigung, seine Staffelei an öffentlichen Plätzen in der Stadt aufzustellen - wodurch er sich das Prädikat „Stadtmaler" erarbeitet.
ENKS‘ Bilder sind bunt und naiv. Sie zeigen oft erstaunliche Brüche sowohl in den Bildinhalten als auch in den Perspektiven. Der Stollen einer ghanaischen Goldmine erscheint als farbenfroher Pop-Art-Kreis, das Innere eines Vulkans - „the inner of the earth" - als abstraktes Arrangement aus Farbtupfern und -verläufen. Die Galerie < rotor > zeigte 2008 einen Querschnitt von ENKS‘ Schaffen im Rahmen der Ausstellungsreihe „Land of Human Rights". „ENKS Bilder sind auf einfachen Holztafeln gemalt, in manchen Fällen auch auf Karton", heißt es in der begleitenden Publikation: „Da es sich um Restmaterialien handelt, haben die Tafeln oft abgeschlagene Ecken oder sind aus dem Winkel. Das spiegelt die soziale Situation des Künstlers in der österreichischen Gesellschaft ebenso wider wie die von ihm aufgegriffenen Themenfelder."
Auf Vermittlung von Anton Lederer von der Galerie < rotor > malte ENKS 2008 einen Stadtbilderzyklus, der an den Außenwänden des Afro-Asiatischen-Instituts (AAI) in der Grazer Leechgasse zu sehen ist. Zu sehen sind Häuser, Cafés, Sportplätze, Wälder und Straßen, aber auch afrikanische Tiere und Hütten; die Bilder ziehen sich wie ein Band um die Hausecke des AAI.
2011 gab Pfarrer Hermann Glettler von der St. Andrä-Kirche bei ENKS ein großformatiges Tafelbild für die Mauer des Pfarrhofes in Auftrag. Es zeigt im Hintergrund ein afrikanisches Dorf und ein Flüchtlingsboot, der Vordergrund wird von einem Stadthaus und einer sechsspurigen Straße in Beschlag genommen, zwei Bäume dominieren das Bild. „Love Hope Faith" hat ENKS mit Filzstift in eine Sprechblase gemalt, die von einem der Bäume hängt.
Liebe, Hoffnung und vor allem der Glaube sind neben der Kunst die weiteren Konstanten im Leben des Afrikaners. ENKS ist Prediger („Evangelist") der Grazer Gemeinde der „Church of Pentecost", einer Pfingstbewegung, die in Ghana 1,7 Millionen Mitglieder hat. Die frohe Botschaft, die Hoffnung auch unter widrigen Umständen nicht aufzugeben, verbreiten indes die meisten der farbenfrohen Werke des Malers und Gottesmannes. "Als ich sein Bild vom Jakominiplatz sah, wurde mir sofort klar, dass es sich hierbei weniger um Ansichten, sondern in erster Linie um ganz persönliche Einsichten des Künstlers nicht nur über unsere Stadt, sondern auch über unsere Kultur handelt", urteilt der Grazer Künstler Manfred Makra über die Bilder des ghanaischen Kollegen. Und weiter: „Vom ersten Moment an spürte ich, dass in der Seele dieses Künstlers ein Feuer lodert, wie ich es schon lange nicht mehr zur Erwärmung meiner Sinne gespürt habe."
Werner Schandor
Mai 2011