Gott setzt auf Vinyl
Slobodan Kajkut ist Komponist und Musiker. Seit einiger Zeit betreibt er auch ein Label für experimentelle und Neue Musik.
Slobodan Kajkut stammt aus Bosnien-Herzegowina, 2002 kam er nach Graz, um an der Kunstuniversität Komposition zu studieren. Bekannte Zeitgenossen wie etwa Georg Friedrich Haas oder Gerd Kühr unterrichteten ihn, heute findet man diese Namen (beziehungsweise wird man sie in Bälde finden) neben Bernhard Lang oder Beat Furrer auch auf Kajkuts Label GOD, das 2011 Fahrt aufgenommen hat. Es dürfte bekannt sein: Im Bereich der Neuen Musik Tonträger zu veröffentlichen, ist keine leichte Sache. Anders als im Pop ist viel bürokratischer Aufwand nötig, es gilt Verlags-, Interpretations- oder Kompositionsrechte zu beachten, vielköpfige Orchester kosten viel Geld. „Das ist das größte Problem bei der Neuen Musik", meint Kajkut. „Deshalb gibt es selten exklusive Tonträgern mit eigenem Artwork, wie es im Pop üblich ist".
In diesem Sinne möchte Kajkut mit seinem Label einen etwas anderen Weg beschreiten, die Herangehensweisen von E- und U-Musik ansatzweise verschmelzen und ausschließlich Schallplatten in kleinen Auflagen herausbringen. Die ersten Platten, die auf GOD erschienen sind, damals noch im Verbund mit dem Label Wire Globe, waren Arbeiten des Labelchefs selber. Etwa „The Compromise Is Not Possible", ein dunkles Stück Experimentalrock für Gitarre, Schlagzeug, Orgel und Sängerin. Das Nachfolgewerk „Krst", serbisch für „Kreuz" und veröffentlich unter dem Pseudonym Kajkyt, breitet auf 75 Minuten eine bedrohlichen Lärmkulisse aus: das Zusammenspiel von Drones, schlichten Beats, Elektronik und byzantinisch beeinflussten Gesängen. Dieses Material hat sich Kajkut in Folge („Krst Remixes") auch von international bekannten Popgrenzgängern wie etwa dem US-amerikanischen Produzenten und Gitarristen James Plotkin (Scorn), KK Null (Zeni Geva) oder Lustmord bearbeiten lassen.
Aber der 29-jährige Künstler weiß sich nicht nur mit seinen - mitunter durchaus strengen wie intellektuellen - Kompositionen auszudrücken; als Schlagzeuger des Grazer Avant-Rock-Quartetts The Striggles kann er auch ganz anders zupacken. Bislang sind vier Alben der Rockexperimentalisten erschienen, alle sind sie empfehlenswert. Und noch ein Kunststück bringt Kajkut zuwege: Ausschließlich mit Arbeit über die Runden zu kommen, die ihn künstlerisch interessiert, da geht er, wie es ein Albumtitel schon anklingen lässt, keine Kompromisse ein. Wenn man bedenkt, dass Kajkuts Arbeiten das Publikum der Nische ansprechen, ist klar, dass das kein Kinderspiel ist.
„Wie es 2013 mit dem Label weitergeht, traue ich mich nicht zu prognostizieren. Es ist alles von den Förderungen abhängig", meint er. Allerdings stehen interessante Sachen ins Haus: Gerd Kühr wird voraussichtlich seine Mitte der achtziger Jahre entstanden Oper „Stallerhof" in einer Aufnahme aus den neunziger Jahren bei GOD neu auflegen, von Beat Furrer wird ein Konzert erscheinen, das dieser Tage beim Festival für Gegenwartsmusik Wien Modern mitgeschnitten wird. Die Aufmerksamkeit, die diese Komponisten von Rang und Namen erzeugen können, wird sich wohl auch positiv auf die nicht so bekannten Acts des Labels, wie etwa Rdeča Raketa oder No Business for Dogs, positiv auswirken. Nicht zu vergessen der Trumpf in Kajkuts Ärmel: „Die Besonderheit meines Labels ist, dass ich auf Vinyl veröffentliche. Einen Beat Furrer konnte man bislang nicht auf Platte anhören, das gibt es nicht." - Aber bald.
Tiz Schaffer
Stand: Oktober 2012