Der die Geister spaltet
Leicht zugängliche Schönheit und sich rasch erschließende Bedeutung sind Michael Maiers Sache nicht.
Subversives. Düstere Bilder. Wuchernde Skulpturen. PU-Schaum. Vielleicht auf den ersten Blick verabscheuenswürdige Dinge, die man auf keinen Fall zu Hause haben möchte. Und dennoch, irgendwie setzen sich die Eindrücke in der Erinnerung fest und führen dazu, ein Kunstwerk von Michael Maier ohne langes Überlegen seinem Schaffen zuzuordnen. Und dann ist man plötzlich dort angelangt, wo man die künstlerische Qualität verortet, eine Handschrift sieht, etwas Einzigartiges erkennt -etwas, das viele Künstler ein Leben lang zu erreichen versuchen, es aber nie zustande bringen.
Michael Maier ist ein Phänomen. Seine Arbeiten bringen uns zum Wegschauen, und sie schaffen es dennoch, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Man muss ihnen und sich selbst sozusagen Zeit geben, um sich zu akklimatisieren. Um sich darauf einlassen zu können. Maier hat sich den harten und schwierigen Weg ausgesucht. Vielleicht deswegen, weil er ihn gehen muss, um dort hinzukommen, wo ihn seine künstlerische Bestimmung hin verschlägt. Überhaupt sieht er seine Kunst als äußerst selbstständig, die mehr ihn bestimmt als umgekehrt. Spätestens aber, seit das Stift Admont eine Serie seiner Bilder ankaufte, weiß er, dass seine Kunst neben ideellen auch materiellen Wert besitzt. Nur wenige steirische Galeristen besitzen noch kein Maier-Kunstwerk, und Sammler handeln ihn bereits als Aufsteiger am Kunstmarkt. Im Sommer 2013 ist beispielsweise in der Wiener Galerie Kunst & Handel seine Ausstellung „Heute spreche ich als Frau" zu sehen, bestehend aus abstrakten Arbeiten und einer Sprech-Skulptur. Ende 2013 wird der Künstler eine Skulpturengruppe in einem Moskauer Museum präsentieren.
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Aus einem Interview mit Michael Maier aus dem Jahr 2012:
In der Malerei ist alles bereits erfunden worden, lautet eine bekannte These. Wie schwierig ist es unter dieser Annahme, als junger Künstler seinen eigenen Stil zu kreieren?
Es gibt mehrere Faktoren, die die Handschrift eines Künstlers ausmachen. Ein Großteil der Arbeit hat immer mit der persönlichen Vita zu tun. Auch hier ist der jeweilige Lebenslauf selten wirklich einmalig. Ein weiterer Faktor ist die jeweilige Ausdrucksform, und schlussendlich das Talent. Die Entwicklung einer eigenen künstlerischen Handschrift geht über Jahre, hat mit vielen Rückschlägen zu tun. Gewisse Dinge gehen schnell, andere brauchen Zeit.
Hattest oder hast du Vorbilder?
Hatte ich schon. Es gab aber immer unterschiedliche Zugänge. Zu Francis Bacon hatte ich immer schon eine große Zuneigung. So wie ich, hat auch er erst spät mit der Kunst begonnen. Picasso wiederum war für mich immer ein Beispiel, wie alles von A bis Z funktionieren kann. Heute sind diese Vorbilder aber nicht mehr so präsent wie noch vor Jahren.
Wie viel kann man als Künstler verändern?
Die heutige Zeit erscheint mir viel zu brutal, als dass man sich irgendwelchen Illusionen hingeben sollte. Die sogenannte Bohème-Zeit, in der unter den Künstlern ein gewisser Zusammenhalt geherrscht hat, ist vorbei. Es gibt keine Honorierung mehr für extravaganten Stil. So gut wie alles steht unter der Phalanx des Marktes. Soziale oder politische Kunst ist heute immer inszeniert, echte Kunst findet man höchstens noch in privaten Räumen. Das heißt - auch wenn es hart klingt -, dass die Kunst kaum etwas verändern kann.
Warum malst du dann?
Mir geht es um persönliche Veränderung.
Die Kunstszene beklagt den Sparkurs der Regierung. Wie viel Unterstützung erwartest du dir persönlich von der Politik?
Erwarten tu ich mir gar nichts. Dass ich das eine oder andere schon bekommen habe, ehrt mich. Im Grunde habe ich mir aber über solche Dinge nie den Kopf zerbrochen, denn im Endeffekt lenkt diese Diskussion doch nur von der eigenen Arbeit ab. Man muss sich auch bewusst sein, dass man als bildender Künstler weder Arbeitsplätze schafft noch Werte, die man unbedingt braucht. Als Künstler sollte man sich eher zurücknehmen.
2012 präsentierst du im Raiffeisenhof (jetzt „Steiermarkhof", Anm. d. Red.) Arbeiten zum Thema Humanismus. Wie stehst du zu diesem Thema?
Eines ist, glaube ich, klar, nämlich dass sich unsere tradierten Erzählungen von den Menschenrechten und der Demokratie als gut gemeinte Märchen entpuppen. Die Kunst verlangt von einem, sich geglaubten Ungerechtigkeiten auszusetzen. Kunst machen ist zutiefst antidemokratisch. Ich denke, dass es ein leeres Versprechen ist, dass sich alles in Wohlwollen auflöst, wenn nur alles aufgeklärt und aufgearbeitet ist. Der Ansatz ist eher ein systemkritischer für diese Ausstellung. Mit antidemokratischen Mitteln an einem Fundament unserer Gesellschaft zu rütteln. In dem Sinne ist die Ausstellung wieder aufklärerisch.
Stefan Zavernik, Kulturzeitung 80
Stand: Juli 2013