Das Medium ist nie banal
Wolfgang Kühnelt kennt man aus vielen verschiedenen Betätigungsfeldern. Sie haben alle mit Kreativität zu tun. Er schreibt Bücher und Werbetexte, gab zuletzt mit Andrea Stift und Wolfgang Pollanz jeweils eine Anthologie heraus und beschäftigt sich intensiv mit Social Media.
Des Weiteren liebt es Kühnelt die Zeit festzuhalten, sie zu dokumentieren. 2011 stolperte er über die Foto-und Video-Sharing-App „Instagram". Aktuell hat er über 1250 Follower und hört auf den Namen „haubentaucherat". Und dieser Name hat wieder mit seinem Internetportal haubentaucher.at zu tun. Der Mann - geboren 1967, studierter Soziologie und Romanist - ist also breit aufgestellt. Auch beruflich: Kühnelt lebt als Texter und Kommunikationsberater sowie als Lehrer an der Ortweinschule in Graz.
Der eiserne Hauch ernsthafter Kunst
Fragt man Kühnelt, ob er vor der Digitalfotografie schon einmal „ernsthafter" fotografiert hat, nickt er und meint mit ruhiger, sonorer Stimme: „Ja, ich bin mit einer Spiegelreflexkamera gerne zu Wohnsiedlungen gefahren und habe diese Objekte vor der Siedlung fotografiert." Kühnelt meint hier die Hunde, Pferde und Menschen aus Beton, die einen relativ ungeschönten Blick draufhaben und vor Siedlungen der älteren Machart eisern einen Hauch von „ernsthafter" Kunst versprühen sollten. „Deprifotos" nennt er sie ganz einfach.
„Ich bin ein Autodidakt", meint Kühnelt nüchtern, nein, er habe Fotografie nie gelernt. Kühnelt ist jedoch mit der Grundausstattung eines jeden guten Fotografen ausgestattet: Er besitzt ein fotografisches Auge, dazu scheut er sich nicht, die technischen Möglichkeiten von Instagram anzuwenden. „Ich habe einen gewissen Spaß damit und das ist mir wichtig", so der Fotograf. Am besten kommen in der Community seine Landschaftsfotos an, die haben dann oftmals Likes in dreistelliger Höhe. Diese Fotos schauen dann sehr oft wie ein Pink-Floyd-Cover aus, nur mit dem Unterschied, dass Kühnelt hier nicht regierartig ins Foto eingreift, sondern eben doch „die Wirklichkeit" abbildet. Zu sehen gibt's auf Haubentaucherat bombastische Gebäude oder Naturlandschaften, wo Menschen eher zufällig auf die Fotos geraten - zumindest sieht das so aus. Dazu soll man noch sagen: Kühnelt macht nicht gelegentlich charakterstarke Landschaftsfoto, sondern in der Regel. Das unterscheidet ihn auch von vielen anderen Instagramern.
Kritik und Augenzwinkern
Natürlich kann ein Foto auch eine kritische Aussage haben, jedoch nie ohne Augenzwinkern: So kann aus zwei zusammengeführten Billa-Schildern durchaus auch das Wort „Labil" entstehen, oder das aufgesprühte Schild „Puff" an der Ecke einer Gemeindebauwohnung macht eigentlich auch viel Spaß und sorgt für einen regen Austausch in der Community: „Für mich ist Instagram mehr als ein Spielzeug. Man kann sogar ein bisschen Kultur machen und hat virtuelle Freunde, die man zumindest teilweise in Wirklichkeit kennenlernt."
Dass Fotodienste wie Instagram auch als banal abgetan werden, lässt Kühnelt kalt. „Es ist immer die Frage, wie ich damit umgehe. Ein Medium wie Instagram ist unschuldig und ist immer so banal oder so gescheit, wie man selber ist." Aber es ist eben nicht immer alles nur in der virtuellen Welt vorhanden, denn gelegentlich treffen sich die Instagramer: „Wir haben uns in Graz schon bei „La Strada" oder beim Lendwirbel getroffen, um zusammen zu fotografieren. Bei unserer Lendwirbel-Aktion hatten wir dann auch eine Ausstellung im Foyer des Kunsthauses." Demnächst treffen sich interessierte Instagramer aus ganz Österreich bei einem Schokoladeerzeuger in der Südoststeiermark: „Dort machen wir dann Foto-Walks wie vor 50 Jahren, fotografieren ein und das selbe Motiv, aber es kommt bei jedem etwas anderes heraus."
http://instagram.com/haubentaucherat
Martin G. Wanko
Stand: März 2015