"Es wird nie langweilig"
Gedichte, die auch Bilder sind, und Bilder, die Gedichte, Geschichten, Romane sind: Die Grazer Malerin, Grafikerin und Autorin Friederike Schwab erweitert ihren Horizont immer wieder und macht ihr Herz weit auf für Neues. Immer und immer wieder.
Drei Romane, zwei Erzählbände, fünf Lyrikbände, unzählige Anthologien, 43 Personalen seit 1969, Ausstellungsbeteiligungen, Rundfunksendungen (Hörspiele, Erzählungen, Lyrik), Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und zwei Kunstpreise - der Literaturpreis der Stadt Graz 1992 und der Christine-Busta-Lyrikpreis Wien 2006 - zieren ihre Kunst-Vita. Außerdem Ankäufe seitens des Landes Steiermark, der Stadt Graz, LKH Graz, der Stadt Voitsberg, ORF und viele private. Über Friederike Schwab zu lesen, ist respekteinflößend.
Besonders schön ist aber eine persönliche Begegnung mit der Künstlerin - man kann sich anregen lassen von ihrem Esprit und der kindlichen Neugierde, die sie sich bewahrt hat, und sich anstecken lassen von ihrer Begeisterung für Kunst und Leben. Nähert man sich ihrem beschaulichen Knusperhaus im Grünen von Graz, erblickt man bereits Steinskulpturen wie stumme Wächter auf der Veranda. Sie stellen nur einen Bruchteil vom reichen Schaffen der 1941 geborenen Friederike Schwab dar, denn diese Künstlerin schöpft aus dem großen Reichtum der Künste - in ihrem Fall der bildenden und literarischen Künste. Schwab wusste schon sehr früh, dass für sie „eine künstlerische Existenz unheimlich wichtig" ist. In der Kunstgewerbeschule in Graz liebte sie - wohl auch aus einem gewissen Widerspruchsgeist heraus - all das, was dort nicht gelehrt wurde. Die ganz alten Maltechniken waren zum Beispiel kein Thema mehr, also musste sie sich selbst damit beschäftigen. Früher oder später. „Die unendlich vielen Techniken haben mich immer gereizt, der Reichtum der Sparten hat mich beschäftigt", erklärt sie lebhaft, und die ungebrochene Leidenschaft für ihr Tun wird spürbar.
Ein Haus voll von Kunst
Das Haus ist voll von Kunst: Aquarelle, Mischtechniken, kleinere und mittlere Formate, Objekte; die Bilder stapeln sich, und die nächste Ausstellung steht bereits vor der Tür, vorher noch eine Lesung aus ihrem neuesten Roman „Geburtstag mit Magritte". Ein Abstand zwischen Literatur und Malerei sei nie ganz da, erläutert die Künstlerin, die für dieses Buch ihre erste Kopie (nämlich des Magritte-Gemäldes „Das Reich der Lichter") gemalt hat. Sie müsse immer alles ausprobieren, und wenn sie über Fälschungen schreibt, dann wolle sie wissen, wie das geht, lächelt die Künstlerin. Nicht selten schreibt sie über Künstler und ihre Werke, und oft wird sie von anderen Literaten inspiriert, vor allem von deren Gedichten. Seltener gibt es ein Thema, das sie auf beiden Ebenen abhandelt.
Der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation - dem Thema der Migration - begegnen wir ganz vorne am Stapel der neuesten Gemälde. Ihre Figuren sind in hellen, optimistischen Farben dargestellt, doch sehen wir hier nicht Individuen. Friederike Schwab, die sich seit Jahren intensiv mit dem Buddhismus auseinandersetzt, kommentiert: „Meine Überzeugung ist, dass wir nie ganz isoliert sind. Wir beeinflussen einander."
Ihre Formensprache ist abstrakter geworden mit den Jahren. Der Aquarelltechnik ist sie treu geblieben, ihre Lehrtätigkeit im Aktzeichnen hat sie jedoch mittlerweile stark eingeschränkt. Eine neue Erfahrung war es, eine Anthologie herauszugeben, in der sie mit Künstlerinnen und Künstlern zum Staunen verführt. „Viele sehen nicht mehr, wie schön die Welt ist", bemerkt sie ernst, um im nächsten Moment „vielleicht ein Kinderbuch" für die Zukunft anzukündigen. „Es wird nicht langweilig", lacht Schwab vergnügt und erzählt, dass sie auch einen Roman begonnen hat, der als Tagebuch - ursprünglich nicht für die Öffentlichkeit gedacht - begonnen hat.
Eine Form von Energie
Diese erfahrene Künstlerin nach ihrer Vergangenheit zu befragen, erscheint fast unpassend, lebt und brennt sie doch für ihr momentanes Tun und gleichzeitig scheint sie ohne Unterlass Pläne zu schmieden. Künstlerische Schaffenskraft ist für Schwab „eine Form von Energie, die man los wird/werden muss" und sie erkannte als Jugendliche, dass sie das in Balance hält und auch deshalb sehr wertvoll ist, weil sie eine Distanz des Künstlers zu sich selbst schafft. „Es ist auch eine Suche nach der Schönheit, eine Art Liebe zur Welt", versucht sie diese frühe Faszination zu erklären. Vor allem durch die Literatur kann sie mit einer Figur „durch den Roman gehen" und Dinge erleiden - und davon lernen.
„Ich bin ein extrem sinnorientierter Mensch - und möchte die anderen berühren. Deshalb sollte ich wissen, wie das geht, beziehungsweise wissen, was mich selbst berührt." Die Abbildung der Welt sei ohnehin nicht möglich und zwischen Wirklichkeit und Sprache immer ein Unterschied. Doch das kratzt Kunst- bzw. Schwab-Freunde kein bisschen, denn in diesen Werken ist eine Menge sattes Leben drin.
http://www.friederikeschwab.at/
Claudia Rief-Taucher
Stand: April 2017