Internationales Format
Die Band agiert von Graz aus. Ihre Songs klingen nach weiter Popwelt: Crush. Nach zwei erfolgreichen EPs legt das Quintett im April 2018 sein Debütalbum vor.
Crush. Schon der vieldeutige Name verweist auf die Gegensätze, die die fünfköpfige Band in ihrer Musik miteinander verknüpft und vereint: Der Bedeutungsrahmen reicht von „zerdrücken, zertrümmern, niederwerfen" bis zu „bis über beide Ohren verliebt sein" - Sturm & Drang trifft da auf Romantik & Melancholie. Das Wechselspiel von ohrenstreichelndem Schmelz und ungeschliffen-rauen Klängen funktioniert bei ihren Live-Auftritten besonders gut. Katrin Borecky, Verena Borecky, Florian Kolar, Christian Lach und Christina Lessiak wissen genau, wie viel DIY-Dilettantismus angebracht ist, um sich Spiel- und Experimentierfreude zu bewahren und doch professionell und international zu klingen. Und mit ihrem harmoniestiftenden, nach Herzenslust in den Genres Dreampop, New Wave und Indierock plünderndem Popentwurf klingen Crush auch weniger nach regionaler Szenegröße als nach weiter Popwelt. Nur wenig bei dieser Band erinnert an Begrenztheit. Die Songs ihrer zwei EPs „Damaged Goods" (2016) und „No Easy Way" (2017) sind teilweise so gut, dass es kein bisschen stört, dass immer wieder The Cure, die Cocteau Twins, Beach House oder die Pastels durchklingen. Der Schritt zur gefühlten popmusikalischen Welteroberung ist nur ein kleiner, denn die Musik des Grazer Quintetts hat internationales Format. Nachdem die fünf jungen Musiker die Jahre davor in diversen Bands und Bandprojekten tätig waren - The Liberation Service, Maneki Nekoc, Catholic Guilt, Strafplanet und Remedy seien hier explizit genannt - und sich mit diversen Veröffentlichungen und zahlreichen Konzerten eine (groß-)familiäre Fangemeinde erspielt hatten, erfolgte vor zweieinhalb Jahren der nächste Schritt.
Live on KEXP
Der DIY- und Punk-Background wird immer das Fundament ihres musikalischen Schaffens bleiben, der unabhängig-selbstbestimmte Kosmos zwischen (befreundeten) Kulturvereinen, Veranstaltern und Plattenfirmen wie Sub, Spotting und Numavi Records ist Dreh- und Angelpunkt ihres Denkens und Tuns. Das alternativlose Verweilen in der sogenannten „heimischen Szene" konnte aber nicht der Endpunkt der Entwicklung sein. Aber wohin soll die Reise gehen? Langfristig wohl hinaus in die weite (Pop-)Welt - mit mehr Pop-Appeal und größerer Eingängigkeit hin zu mehr medialer Aufmerksamkeit, mehr verkauften Tonträgern und größeren Konzerthallen. Crush entstand letztlich aus dem Bedürfnis heraus, zugänglichere, melodischere und lebensbejahendere Musik zu machen. Mit ihren zwei EPs gelang dem Grazer Quintett das Vorhaben so gut, dass nicht nur lokale Musikkritiker ins Schwärmen gerieten und FM4 für ein entsprechendes Airplay sorgte. Die zwei Minialben überzeugen mit einem halben Dutzend zauberhafter Songs, die zwischen britischer Melodieseligkeit, kalifornischer Lockerheit und dezenter Melancholie changieren. Ab und zu durchkreuzen markante Gitarrenklänge die zartbitter-melancholischen Stimmungsbilder. Die ausgeklügelten Arrangements bieten dem charmanten Gesang von Christina Lessiak ausreichend Platz, während melodische Spannungsbögen und flächige Dreampop-Klänge für die passende Atmosphäre sorgen.
Auch wenn die hörenswerten Resultate der zwei Tonträger mehr als musikalische Talentproben sind und nach bevorstehendem kommerziellen Durchbruch klingen, sind die fünf Bandmitglieder realistisch genug, um die ersten kleinen Erfolge richtig einschätzen zu können. Sängerin Christina Lessiak dazu: „Ich mache seit mehr als zehn Jahren Musik und bin da realistisch. Kommerzieller Erfolg hat sehr viel mit Glück und Zufall zu tun. Wir machen Musik, weil wir Musik machen wollen. Alles Weitere wird sich weisen. Es wird auf jeden Fall weitergehen." Die Träume von einer professionellen Booking-Agentur und einer KEXP-Live-Session - die in Seattle, Washington beheimatete Radiostation ist bekannt für ihre legendären Live-Sessions - bleiben vorerst Zukunftsmusik. Das Longplay-Debütalbum der Grazer Band erscheint dagegen schon im April 2018. Der Albumtitel „Sugarcoat" verspricht delikate Poppreziosen. Man darf gespannt sein.
Veröffentlichungen:
Damaged Goods (EP, 2016)
No Easy Way (EP, 2017 auf Numavi / Wilhelm Show Me The Major Label) https://crushcrushcrush.bandcamp.com/
Heimo Mürzl
Stand: Jänner 2018