Multitalent und Universalmusiker
Eddie Luis spielt alles und erteilt Lektionen aus dem Leben und dem Jazz. Falls das nicht eh ein und dasselbe ist.
Als das Wünschen noch geholfen hat, erblickte ein gewisser Eduard Eibl auf einer Gitarre das Licht der Musikwelt. Mittlerweile hat der langjährige Freelancer und konvertierte Jazzmusiker ganze 22 Instrumente erobert und sogar eine klassische Gesangsausbildung durchgemacht. Damit ist er selbst unter den so genannten Multiinstrumentalisten ein King und damit berechtigt, den Namen Eddie Luis zu tragen. (Verwechslungen mit anderen lebenden oder toten Jazzmusikern sind durchaus nicht unerwünscht). Trotzdem ist der Universalmusiker in Graz geboren.
Der charismatische Moderator und launige Conférencier, dieser Hansdampf in allen Tonarten, berufene Tausendsassa, musische Generalist und unverbesserliche Charmeur spielt unter anderem Cello, Violine, Ukulele, Mandoline, Gitarre, Klavier, Schlagzeug, Trompete und Posaune. Und die Tuba, jenes tiefste aller Bügelhörner, womit man Eddie Luis wohl am zweithäufigsten zu hören bekommt. Doch das „Herzstück" (Befund Eddie Luis) seiner universellen musikalischen Arbeit ist für den dekorierten Sympathieträger freilich sein fünfsaitiger Kontrabass, ein kostbares Instrument, das er sich einst bei Meister Jean Auray in Lyon aus uraltem mazedonischen Holz hatte anfertigen lassen. Dafür muss man als Jazzmusiker schon ziemlich lange sparen. Je nun, ihn, den Eddie, damit live zu erleben, ist aber nicht jedem gegönnt. Das müssen schon besondere Konzerte sein, also: Her mit einem Reisebass! Gesehen wurde EL auch schon als Dirigent, indes seine Studenten an der Jazzabteilung der Grazer Kunstuniversität von unterhaltsamen Lehrstunden voller Empathie berichten. Also auch dies und das macht Eddie noch, wenn der Tag lang ist.
Würde es uns zustehen, Orden zu verteilen, würden wir einen mit dem Titel eines uralten Liedchens versehen und ihn dem Unentwegten im Rahmen eines Jazzkonzertes im Grazer Stockwerk feierlich auf die Brust heften. „Wer sich die Musik erkiest", der zitiert auf seiner Homepage auch George Murdaskedano mit dem Leitmotiv: „Die Welt braucht Menschen, die lieben, was sie tun." Ja eh.
Als Hausbassist in „Joe Zawinul´s Birdland" sprang unser Eddie Luis gleich vom Fünfmeterbrett in die Jazzszene. Im mittlerweile längst verwichenen Wiener Etablissement reifte einst auch die Idee seiner Grazer Musikwerkstatt, einer Mischung aus Agentur, Musikschule und Netzwerkerei, deren Verkehrsknotenpunkt Eddie Luis & The Jazz Passengers sind (nicht zu verwechseln mit US-Modell Roy Nathanson & The Jazz Passengers!). Grundsätzlich als eine variable Formation konzipiert, ist es dennoch das Quintett-Format, das Eddie Luis heute „musikalisch am meisten aufregt". Womit wir beim legendären Art Blakey wären, von dessen Jazz Messengers er sich abgeschaut hat, wie man sich nicht nur gute Musiker aussucht, sondern auch „solche, die Spaß haben und sich gegenseitig mögen". Der Stil ist offen, aber „wir machen so etwas wie die Hausaufgaben und wollen die Leute, die sich eigentlich nicht dafür interessieren, zum Jazz bringen", sieht Eddie Luis, den viele auch aus der Folkjazzband „Folksmilch" kennen, das Werk seiner Mission. Seine monatlichen Konzerte im Land, wo Wein und Kernöl fließen - und mit den Jahren auch immer weiter darüberhinaus -, stellt der geschickte Programmgestalter jeweils ganz in das Zeichen einer stilprägenden Jazzlegende, einer bestimmten Ära oder einer bahnbrechenden Platten-Einspielung (Blue-Note-Alben der 60er-Jahre bevorzugt). Zum Zeitpunkt der digitalen Textlegung (Ex-Drucklegung) sind es bereits 102 Programme bzw. Projekte, die Eddie mit seinen durchwegs virtuosen Passengers und spezifischen Gastmusikern unter die Leute gebracht hat. Und siehe, das Stammpublikum hat ein Format angenommen, wofür andere längst eine Merchandising-Abteilung ins Leben gerufen hätten. „Man muss sich ein Publikum auch erziehen können", weiß der gelernte Kindergartenpädagoge (was ist denn der noch alles?). Eben.
Eine glatte Erfolgsgeschichte sind mittlerweile auch Eddie Luis & Die Gnadenlosen, die um 2014 in Graz gegründet wurden. Dazu versammelte Mr. Luis gleich zehn junge Virtuosen aus acht Nationen zu einem internationalen Orchester, einem illustren Orchester, das den Hot Jazz der 20er- und 30er-Jahre wieder aufleben lässt, und in dessen Repertoire sich etwa die heißen Stücke von Fletcher Henderson und Duke Ellington tummeln, man auch schon einmal Süßholz raspelt mit den Melodien von George Gershwin und Cole Porter oder Schlager aus jenen Jahren schmachten lässt, die im Musik-Entertainment als die Goldenen gelten. Gewiss gebricht es diesem Retro-Zauber nicht an einem gerüttelt Maß an musikalischem Unernst. Damit gehen die Gnadenlosen nun in Jazzclubs sonder Zahl, großen Konzerthallen, bei Bällen und Festivals im In- und Ausland ein und aus. Man muss sie erlebt haben, ach wie verführerisch.
Wir wissen auch, dass Eddie Luis da und dort sogar als Pantomime zugange ist, also als einer, der so ganz und gar lautlos umeinander tut. Unser Eddie lautlos? Allein, der geneigte Jazzhörer weiß nicht so ganz genau, wo da und dort ist. Aber das ist sowieso eine andere Geschichte.
Eddie Luis im Internet: www.musikwerkstatt.at/
Otmar Klammer
Stand: Dezember 2018