Im „Deuniversum“ der Gegensätze
„Glück oder Schreck – je länger man hinschaut, desto mehr passiert.“ So wünscht sich Diana Deu Kunst im Allgemeinen und ihre eigene Malerei im Besonderen. Starke Gefühle jedweder Art sind dabei ausdrücklich erwünscht.
Das Laute und das Zarte trifft man in Diana Deus Gemälden gleichermaßen wie das Wilde und das Scheue. Das Figurative erscheint nicht ohne das Abstrakte. Diese Jonglage mit Gegensätzen nützt und beherrscht die gebürtige Grazerin für ihre vor allem von Pop-Art geprägte Kunst. Der „rohe" Umgang mit unterschiedlichen Werkstoffen und die Freude über Collagen, die sich durch den Lauf der Zeit auch verändern können, dort und da etwas abblättern, mischt einen guten Schluck Punk in ihren hochprozentigen malerischen Cocktail: Willkommen im Deuniversum!
Bekannte Gesichter
Konfrontiert mit den großformatigen Bildern von Diana Deu, trifft man auf den ersten Blick - zugegebenermaßen leicht irritiert - bekannte Gesichter: Formel-1-Legenden Niki Lauda und Jochen Rindt, die Pop-Ikone der 80er-Jahre Debbie Harry, Sängerin der Band Blondie, Topmodel Kate Moss, Liz Taylor, Maria Callas ... das bewusst gewählte Bausatz-Angebot für Fan-Altare? „Ich würde nie für eine Ausstellung Marilyn Monroe malen, damit das Bild jemand kauft", entkräftet Diana Deu Verdachtsmomente und erklärt ihre Motivation dahinter: „Es ist eine Herausforderung, Ikonen so darzustellen, dass es etwas Besonderes ist." Der Mensch an sich, nicht die Berühmtheit müsse sie dabei berühren, dann bringe sie ihren eigenen Stil, ihre Seele ins Bild.
Sturm und Drang in halb Europa
Diana Deu, geboren 1973, lebt heute in Graz, wo sie die HTL Ortweingasse besuchte, und Wien. Ihr ist es wichtig, das, was sie in der Ausbildung wie ein Schwamm aufgesaugt hat, in ihrer Kunst wieder sichtbar zu machen. Sie studierte bei Markus Prachensky und Walter Obholzer an der Akademie der Bildenden Künste in Wien. Ihre Aufenthalte als Artist in Residence in London, Berlin, Leeds, Rijeka und Florenz bezeichnet sie als ihre Sturm-und-Drang-Zeit. „Man sieht immer, wo ich im Leben stehe, was mich in dieser Zeit geprägt hat", erzählt die Künstlerin, die mit Film- und Musikbegleitung meist mehrere Bilder gleichzeitig entstehen lässt. Die Warhol Factory, Velvet Underground, Nico, Lou Reed waren und sind genauso wie Betty Page, Patti Smith, Bikini Kill, X-Ray Spex, Film Noir oder Giallo-Filme Inspirationsquellen. Die Ästhetik der Burlesque-Kunst schlug sich ebenso in ihren Gemälden nieder, als Mitbegründerin des „1st Burlesque Clubs" in Wien war sie einst mittendrin in der Szene.
Mutige Materialmischungen
Schöne Menschen, ästhetisch in Szene gesetzt, bekommen bei Deu Tiefe - eben durch gegensätzliche Signale, die sie zum Beispiel mit mutigen Materialmischungen setzt. Textfragmente, die „meist aus dem Bauch heraus passieren", wie die Künstlerin erzählt. Bildtitel geben weitere inhaltliche Twists und laden zur differenzierten Betrachtung ein. Die aktuelle Jugendkultur mit ihren Influencern betitelt Deu: „komm, wir trinken auf das schöne Leben, das wir niemals haben werden". Generell sollte man sich bei Diana Deus Kunst nie ganz in Sicherheit wiegen: Rasch baut man beim Betrachten eine Nähe zum Bild auf - bekanntes Gesicht, ansprechende Ästhetik. Die spröden Risse in den Fassaden der Schönen, das Scheue, Selbstentfremdete sieht man auf den zweiten Blick. Der offenbart eben dieses Besondere, das in eine ungleich wertvollere Tiefe führt: in diese ganz eigenwillige Seele des Bildes, in die vielschichtige Persönlichkeit der abgebildeten Person.
Punk im Rahmen?
Tusche, Ölfarben, Pastell, Kugelschreiber, Spray, Bleistift, Fineliner sowie Gips oder Pflanzen für die Dreidimensionalität - all das kommt zum Einsatz, wenn Diana Deu eine Echtheit, etwas Verletzliches auf die Leinwand oder auf Papier bringen will. Auch der „rohe" Umgang mit ihren Gemälden drängt die Künstlerin bisweilen zu ungewöhnlichen Präsentationen: Papier will sie eigentlich gerne direkt auf die Wand kleben, Pop-Art und Punk im Rahmen lassen doch diese Urkraft vermissen, die uns im Kern trifft und aufrüttelt.
Die moderne Medien- und auch Werbewelt ist Teil des Deu-Universums, und Frauenthemen und die Rolle der Weiblichkeit werden ebenfalls nicht vernachlässigt: „young, fresh and sexy" bildete 2012 das Idealbild der Frau ab, das bei Diana Deu durchgehend stark interpretiert wird. Allerdings nicht ohne Zweifel, Brüche, Risse und auch Zartheit in Details - femme fragile und femme fatale in einer Person lassen grüßen.
Ganz eigene Mischung
Wie Diana Deu mit Materialien und Gegensätzen spielt, erzeugt eine ganz eigene Mischung, die einnehmend und überzeugend im Gedächtnis bleibt. Ihren persönlichen künstlerischen Weg hinterfragt sie seit ihrer ersten Ausstellung, die den Titel trug: „I'm not an artist". Die eigene Essenz zu finden, ist ihr enorm wichtig, und das, „was drumherum passiert".
„Gute Kunst wird irgendwann erkannt", ist Diana Deu überzeugt. Sie verlässt sich hier ganz auf den Instinkt des Publikums - und geht damit den goldrichtigen Weg.
Claudia Rief-Taucher
Stand: Juli 2020