24.11.2022: Styria-Artist-in-Residence; Material Talk mit Yeongbin Lee

Yeongbin Lee - Styria-Artist-in-Residence (St.A.i.R.) im Gespräch über ihre Praxis.
WIE WIR LESEN
Eine Frage: „Wenn Pinocchio keine Ohren hat, dann...?"
Franziska Füchsl, Autorin und Buchprovisoria, und ich haben beschlossen, Übersetzungen und Figurationen auf diese angebrochene Frage zu finden. Wir wollen die Geschichte, die alle kennen, die vielfach instrumentalisiert wird, sezieren, auseinander bauen. Franziska Füchsl öffnet Pinocchio durch Sprache, Wörter und Geschichte. Als bildende Künstlerin und Geräuschsammlerin erforsche ich hörbare Bewegungen und erarbeite die Visualisierung von Klängen. Aus unterschiedlichen Perspektiven und mit verschiedenen Medien werden der Körper, die Bewegungen, das Verhalten von Pinocchio präzise gelesen und imaginiert, denn Carlo Collodi hat uns dafür in seinem Text viele bisher nicht oder kaum bemerkte Fallen gestellt.
Yeongbin Lee: Ich bin Künstlerin und Geräusche-Sammlerin; ich erforsche hörbare Bewegungen und erarbeite die Visualisierung von Klängen. Seit 2017 beschäftige ich mich mit dem Thema „hörbare Bewegungen", vielfältige Geräusche von verschiedenen Orten habe ich recherchiert und visualisiert. Mein Fokus ist dabei nicht selbst experimentelle Geräusche zu machen, sondern ich sammle alle Geräusche, die ich im Alltag höre und zerteile, zerschneide und zergliedere sie. Das wird anschließend systematisiert und visualisiert. Am Anfang des Projekts habe ich Geräusche durch Verben analysiert. Zum Beispiel: stoßen, fallen, springen, rollen ect. Wie bei einer Sprache werden verschiedene Elemente benötigt, um ein Geräusch zu erzeugen. Bewegungen, Materialeigenschaften, Geschwindigkeit, Kraft, Lautstärke usw. Die visualisierten Geräusche sind wie neue Symbole, die ohne Sprachkenntnisse verstanden werden können. Diese Beschreibungen sind sichtbar, hörbar und fühlbar. Durch diese Darstellungen möchte ich neue Erfahrungen ermöglichen.
Yeongbin Lee wurde 1985 in Südkorea geboren. Sie studierte Bildhauerei an der Seoul National University und Freie Kunst (Medien) an der Muthesius Kunsthochschule Kiel, Deutschland. Lee erhielt mehrere Preise und Stipendien, u.a. von der Recherchestipendium für Neue Musik und Klangkunst, Kulturverwaltung des Berliner Senats, das NEUSTART KULTUR-Stipendium der Stiftung Kunstfonds, Bonn, den Nachwuchs-Kunstpreis der KSD Gallery in Südkorea, Muthesius Projektförderung, Muthesius-Preis 2016, das DAAD Stipendium, sowie Arbeitsstipendium (Theater) und der Projektförderung der Kulturstiftung Schleswig-Holstein. Lee war 2018 Teilnehmerin des Goldrausch Künstlerrinnenprojekts. 2018-2022 erhielt sie Aufenthaltsstipendien von GEDOK in Lübeck, Künstlerhaus OTTE 1 in Eckernförde, Künstlerhaus Lukas in Ahrenshoop, Künstlerhaus Lauenburg und Styria-Artist-in-Residence. Sie lebt und arbeitet in Frankfurt.