Neugierde, Begeisterung und Humor als Lebenselixier
Die Autorin Bianca Kos ist eine leidenschaftliche Erkunderin fremder Welten und liebevolle Entdeckerin der feinen Absurditäten ihrer Heimaten auf Zeit
Aus der oststeirischen Kleinstadt hinaus in die weite Welt, auch so könnte man ein Porträt über Bianca Kos beginnen. Bis zu ihrem 14. Lebensjahr lebte sie in Hartberg, dann übersiedelte sie mit ihrer Familie nach Klagenfurt, wo sie auch maturierte. Aber da war sie schon infiziert mit dem Fernwehvirus und ihrer übergroßen Neugierde auf die Welt. Drei Jahre lang lebte sie in der Türkei, brach ihre Zelte wieder ab und ging nach Graz, um Kunstgeschichte zu studieren. Während des Studiums lebte sie ein paar Monate in Rumänien, um an einem Sozialprojekt teilzunehmen. Und schrieb so nebenbei an einer Facharbeit über die Architektur in Siebenbürgen. Das Kunstgeschichtestudium war absolviert, und nun wollte sie vieles, was sie im Studium theoretisch kennen gelernt hatte, auch in natura sehen. So wurde aus dieser Neugierde ein Jahr in Rom. Im Anschluss promovierte sie an der Uni Klagenfurt mit einer Arbeit über das Biedermeier in Kärnten und durfte sich fortan mit einem Doktortitel in Geschichte schmücken.
Als Lektorin in Charkiw
Aber schon wieder war da diese unstillbare Sehnsucht, neue Welten zu entdecken, und so ging sie für ein Jahr in die USA nach San Francisco, begleitet von ihrer zweiten Tochter, denn auch die Familienplanung konnte sie in ihren turbulenten Alltag integrieren. 2015 begann sie mit einer Ausbildung zur DAF/DAZ-Trainerin (Deutsch als Fremdsprache/Deutsch als Zweitsprache) und bewarb sich als Lektorin beim OeAD (Österreichischer Austauschdienst - Agentur für Bildung und Internationalisierung). Ihr Plan war, als Lektorin nach Rijeka zu gehen, da sie zu dieser Stadt eine besondere Beziehung hat. Aber ihr wurde eine Lektoratsstelle in der Ukraine in Charkiw angeboten, die sie selbstverständlich annahm. Denn die Ukraine war kein Neuland mehr für sie, war sie doch bereits für ein halbes Jahr in Odessa gewesen, um Russisch zu lernen.
Romandebüt „Das Mundstück"
Ihre Zeit in Charkiw schlug sich literarisch nieder. Sie verfasste einen „Reiseführerroman" mit dem Titel „Das Mundstück". In diesem Roman berichtet sie über ihr Jahr in der ukrainischen Stadt, den Kampf mit der Bürokratie und den Stadtplänen, die triste Wohnsituation, den Versuch, die Studierenden zu animieren, alles gewürzt mit einer satten Brise an Humor und feiner Ironie.
Wenn sie jetzt an die Ukraine und an Charkiw denkt, ist sie natürlich sehr betroffen und versucht, ihre Freundinnen und Freunde tatkräftig zu unterstützen. Aber sie hofft, dass dieser Krieg vorübergehen und die Menschen das Land wieder aufbauen werden. Denn nach ihrer Einschätzung sind die Ukrainerinnen und Ukrainer sehr taffe Menschen mit einer positiven Einstellung zum Leben.
Drei Jahre in Rijeka
Nach ihrer Zeit in Charkiw ging sie als Lektorin nach Rijeka. Mit Unterbrechungen und erschwert durch Lockdown und Pandemie blieb sie fast drei Jahre. Dieser Aufenthalt fand ebenfalls seine literarische Verarbeitung in einem Roman mit dem Titel „Wasserstaub". Auch hier kommen die Ironie und die feine Satire nicht zu kurz. Folie - sowohl geografisch als auch literarisch - sind die vielen Kaffeehäuser der Stadt, denen sie augenzwinkernd ein Denkmal setzt. Um sich der Stadt in all ihren Facetten anzunähern, liest sie sich durch die kroatische Zeitungslandschaft, berichtet auch hier fast satirisch über die Umtriebe der Politik, Skandale und Missstände, gesellschaftliche Ereignisse, über die Menschen und das Leben in der Stadt. Bianca Kos gelingt damit ein liebevolles, ironisches Bild einer pulsierenden Stadt, deren wechselhafte Geschichte im Schnittpunkt von Italien, Jugoslawien und auch der k.k. Monarchie ihre Spuren hinterlassen hat.
Bianca Kos‘ Aufenthalt in Rijeka hatte auch einen persönlichen Hintergrund. Da ihre Vorfahren aus der Gegend stammen, nutzte sie die Gelegenheit, um im Archiv auf genealogische Spurensuche zu gehen.
Leidenschaft für Zeitungen und das Bridge-Spiel
Bianca Kos schreibt nicht nur Romane und Sachbücher, sondern auch Lyrik und Kurzgeschichten, publizierte und publiziert in Anthologien und Literaturzeitschriften und erhielt z. B. den Lyrikpreis der Klagenfurter Stadtwerke, den PERGamenta-Literaturpreis sowie den Literaturpreis der Klagenfurter Gruppe. Basis ihrer Arbeiten ist immer eine fundierte Recherche, egal ob sie an einem Sachbuch oder einen literarischen Thema arbeitet. Ihre Liebe gilt den Archiven und Horten des Wissens und der Geschichte.
Eine andere Leidenschaft gilt den Zeitungen. Zeitungen spielen eine große Rolle im Leben von Bianca Kos. Denn Zeitungen sind ein Spiegel der Gesellschaft. Darum liest sie unterschiedliche deutschsprachige und internationale Zeitungen - in den verschiedenste Formaten, die jeweils unterschiedliche Positionen einnehmen und so ein buntes Puzzles der Gesellschaft ergeben.
Zeitunglesen ist eine Leidenschaft, der sie auch auf Reisen frönt. Durch ihre Vielsprachigkeit - Bianca Kos spricht sechs Sprachen - ist es ihr ein Leichtes, sich einem Land, einem Thema durch den Spiegel der Medien anzunähern.
Liest sie nicht gerade Zeitung oder recherchiert für eine Geschichte oder schreibt, dann findet man Bianca Kos vermutlich beim Bridge-Spielen. Bridge ist ein Strategiespiel, in dem immer neue Situationen auftreten, ein herausforderndes und auch relativ komplexes und kompliziertes Spiel, das viel an Konzentration erfordert. Und es ist für Bianca Kos auch ein probates Mittel, um neue soziale Kontakte zu knüpfen, denn in vielen Orten der Welt gibt es Brigde-Clubs, wo man Bridge spielen kann, auch ohne die jeweilige Sprache zu beherrschen, da die Regeln universell sind.
Durch und durch optimistisch
Ein Porträt über Bianca Kos kann man nicht abschließen, ohne auf ihr Lebensmotto einzugehen. Bianca Kos ist eine durch und durch optimistische Frau, die die Dinge des Lebens gerne mit Humor betrachtet. Man könne alles von zwei Seiten sehen, meint sie, aber aus dem Blickwinkel des Humors und mit Optimismus sei alles einfacher und mache das Leben leichter. Eine Einstellung, die aus ihren Romanen spricht, mit der auch Tragischem oder scheinbar Ausweglosem die Schwere genommen wird und die eine liebevolle Annäherung ermöglicht. Dem kann man eigentlich nichts mehr hinzufügen. Außer vielleicht ein Blick auf die Zukunft. Diesmal soll nicht ein Ort die Basis für ein Roman und das Thema vorgeben, sondern das Thema wird zu vielen Orten führen und einiges an Recherchen verlangen. Mehr wird nicht verraten, aber wir freuen uns auf den nächsten Roman.
Bücher von Bianca Kos:
.) Wasserstaub. Erkundungen. Otto Müller Verlag: Salzburg 2022
.) Das Mundstück. Roman. Otto Müller Verlag: Salzburg 2019
.) Das Reisetagebuch der Isabella Gräfin Goёss-Thürheim. Reise an den Rhein, nach Belgien und nach Holland im Jahre 1840. Edition und Kommentar. Böhlau Verlag: Wien 2015
.) Ein Traum - Das Biedermeier. Architektur in Kärnten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Klassizismus - Romantik - Historismus. Geschichtsverein für Kärnten: Klagenfurt 2010
Christine Wiesenhofer
Stand November 2022