Ideen und Farben des Lebens und der Musik
Paul Pfleger hat vor einem großen musikalischen Background seinen eigenen Weg gefunden. Mit dem Ziel, nicht an einem Ziel ankommen zu müssen und dabei größtmögliche künstlerische Freiheit zu leben.

Für manche wäre das wohl ein schweres Erbe: Vater Ewald „Sunny" Pfleger war Mastermind der international erfolgreichen Band „Opus" und Mutter Andrea hat den musikalisch-kreativen Boden künstlerisch mit aufbereitet. Paul Pfleger (geb. 1989) wuchs quasi im Tonstudio und mitten im Musikeralltag in Straßengel und Graz auf. Dadurch konnte er diesen Beruf mit einer großen Selbstverständlichkeit kennenlernen und sich selbst als Musiker schon früh ausprobieren. Hausmusik der rockigen Art war eine fixe Größe bei Familienfesten, und so sang Paul schon als Kind vor Publikum seine damaligen Lieblingssongs von Disney oder Queen - „meine erste große Band-Liebe, noch vor den Beatles", kommentiert Paul. Lampenfieber ist ihm deshalb immer fremd gewesen und die Gitarre umso näher. Klavier lernte er auf dem Konservatorium - solange es ohne Notenlesen vonstattenging. Mit Ewald spielte er vierhändig den Donauwalzer, und an einem Kinderschlagzeug entdeckte er schon früh seine musikalische Energie.
Vom Solomusiker-Dasein geträumt
Szenenwechsel. Mehr als zweieinhalb Jahrzehnte später in einem Youtube-Video: Ein junger Mann steht in gelber Regenmontur im Schwimmbecken des Grazer Margarethenbades, spielt am Wurlitzer Piano und performt den Song „I'm Always Here (Live from the Pool)". Paul Pfleger veröffentlicht 2022 mit seinem Soloprojekt „Paul & Pets" das erste Album, „Domestic Monastic". Der sehr entspannte bis psychedelische Indie-Pop ist das, was sich nach einigen Häutungen und musikalischem Freistrampeln mithilfe dreier Bands nun in aller Klarheit zeigt.
„Die Bands haben sich - auch durch Corona - ausgedünnt", erklärt Paul im gemütlichen Kaffeehausinterview, aber im Grunde habe er schon vorher vom Solomusiker-Dasein geträumt. „Ich bin ein Einzelkind, und es ist mir wichtig, auch mein eigenes Ding zu machen, obwohl das natürlich Segen und Fluch zugleich ist!" Denn diese Freiheit erfordere auch einiges an Disziplin. Was Pfleger mit „Paul & Pets" als Studioprojekt startete, setzt er nun unter Beteiligung von unterschiedlichen Musikerkolleginnen und -kollegen auch live um, was wieder neue Versionen seiner Lieder erschafft. Der „ideale Song" - meist zuerst die Melodie - entsteht immer in seinem Kopf, und die Studioaufnahme komme diesem am nächsten, erzählt er. Was dann bei Konzerten live herauskommt, hält seine Musik für ihn frisch: „Man entdeckt etwas, was man selbst nicht so kennt von einer Nummer", erklärt Paul diese Faszination. Die künstlerische Freiheit, die ihm das Soloprojekt „Paul & Pets" beschert hat, lässt ihn aber auch „viele leere Kilometer" gehen, viel „herumbrüten und Ideen und Farben skizzieren. - Ich bin der Sklave meiner eigenen Ideen", schließt Paul mit einem Lächeln diesen Gedanken, denn er ist im Reinen mit der Vielfalt seiner Kreativität.
Bandprojekte nach „Polkov"
Mit seiner ersten Alternative-Rockband „Stereoface" (2004 mit Nino Kadletz, Benny Musenbichler und Thomas Hierzberger gegründet), bei der Paul Gesang und Gitarre beisteuert, generiert(e) man nicht nur „Energie aus Lautstärke", es entstanden auch drei Alben und eine EP. „Stereoface" ist nur „auf Eis gelegt", die aktuellen Mitglieder sind neben Pfleger und Kadletz Lukas Schneeberger und Günther Paulitsch. Der Indie-Kunst-Pop der mittlerweile aufgelösten Gruppe „Polkov" ist jedoch verklungen. Aktuell probt Paul mit Patrick Möstls Band „Tiger Family", die seit 2015 nach Pauls Beschreibung „schrullig" aufspielt. Hier nimmt er als Drummer eine neue Perspektive ein, schätzt „die physische Komponente" - Trommeln als Workout sozusagen - und genießt es, in einer Band „nur dabei zu sein". Nach drei Alben ist derzeit ein Live-Album in der Entstehungsphase.
Offen für Dinge, die sich auftun
Künstlerische Entfaltung wurde im Hause Pfleger stets großgeschrieben. Daher geht der „visuelle Typ" Paul auch immer wieder seiner Begeisterung für Grafik nach und gestaltet die Covers für die eigenen Alben. Zudem ist im ehemaligen Grazer Hotel Gapsite (derzeit Café b(l)ackhome, Schörgelgasse 15) eine Wandgrafik von Paul Pfleger zu besichtigen, die er als Auftragsarbeit angefertigt hat. „Ich habe Glück, vieles ausprobieren zu können", weiß der junge Künstler seine Freiheiten und Möglichkeiten wertzuschätzen. Mit Vater Ewald, der ihm menschlich ein großes Vorbild ist, arbeitet er gerne gemeinsam im Studio („Wir sind ein gutes Team") und manchmal auch auf der Bühne. Paul hilft als Anglist auch immer wieder bei englischen Texten für Releases aus. „Ich habe viele Interessen und mir taugt das alles", schildert Paul sein breites Tätigkeitsspektrum, das ihm sein wacher Blick ermöglicht: „Ich habe keinen Masterplan und versuche, offen zu sein für Dinge, die sich auftun im Leben. Die Musik wird dabei immer wichtig sein - und es würde mich freuen, wenn ich mir selbst diese Art von Drive erhalten kann."
Claudia Taucher
Stand: Dezember 2022