Wenn man selbst zu Kunst wird
Bis zu vier Stunden braucht Julia Sommer, um von der Make-up-Artistin Julia zu „Dabi“ aus dem Anime „My Hero Academia“ zu werden. Mindestes zwei Stunden rechnet die Cosplayerin für „weniger aufwendige“ Charaktere ein. Am Ende ist die 31-Jährige kaum mehr wiederzuerkennen.
Mit 33.400 Follower:innen auf Instagram ist Julia Sommer, auf Social Media bekannt als „Kikiko Banjo“, keine Unbekannte. Was sie macht? Cosplay, also „Costume Roleplay“, eine Kunstform, bei der man sich selbst in einen fiktiven Charakter verwandelt. Durch die immer größere Beliebtheit von Animes und Mangas in Europa verbreitet sich Cosplay immer weiter. Auch in der Steiermark und Graz wird diese Kunstform von vielen ausgelebt. Eine davon ist Julia Sommer. Seit 2019 ist sie Cosplayerin und binnen weniger Jahre unter dem Namen „Kikiko Banjo“ zu einer der bekanntesten in Österreich geworden.
„Sich immer wieder zu verwandeln, durch Make-up, Perücken und Kostüme in immer neue Rollen zu schlüpfen, ist eine Form von Kunsthandwerk und Schauspiel zugleich“, beschreibt die Grazerin ihr Hobby, welches sie anfangs noch geheim gehalten hat. „Weil ich hauptsächlich männliche Charaktere cosplaye, ist auch oft meine Sexualität hinterfragt worden.“ Um unangenehmen Gesprächen aus dem Weg zu gehen, hat sie daher zu Beginn ihr Hobby vor der Familie und Arbeitskolleg:innen versteckt. Mittlerweile geht sie damit offen um und steht zu ihrer Leidenschaft. Mit Erfolg.
Ungeplanter Erfolg
Quasi über Nacht ist Julia Sommer erfolgreich geworden. Schon in ihrer Kindheit interessierte sie sich für die japanische Popkultur. Damals noch für „Sailer Moon“ und „Pokemon“. Auch zu dieser Zeit hat sie sich schon überlegt, das Cosplay mal auszuprobieren - aber sich nie getraut. Durch das Spiel „Final Fantasy“ ist sie dann endgültig zum Cosplay gekommen und quasi aus dem Nichts bekannt geworden. „Zuerst habe ich mir gedacht, ich bin schon zu alt, dann habe ich jedoch beschlossen, ich probiere es mal aus“, erzählt Julia Sommer. Ihre Bilder sind teilweise über Nacht viral gegangen. „Es gab Tage, da bin ich aufgewacht und hatte 1000 Follower:innen mehr“.
Auf Conventions kommen alle zusammen
Auf Comic und Anime Conventions kommt die Szene zusammen. Bei der „Dokomi“, einer der größten Conventions in Europa, kommen jährlich bis zu 75.000 Fans nach Düsseldorf. In der Steiermark ist die Community verhältnismäßig klein. Mit der „Hanamicon“ in Graz gibt es aber auch hier ein Event für alle Fans der japanischen Popkultur. Für Julia Sommer ist die Hanamicon ein Pflichtprogramm. 2022 war sie als Ehrengast geladen und hat Workshops über Make-up gehalten; 2023 war sie Jahr sogar ein Werbegesicht des Events.
Trotz der gemeinsamen Interessen und großteils gegenseitiger Unterstützung gibt es auch in der Cosplay-Szene Konkurrenzkämpfe. „Wo Licht, da auch Schatten. In erster Linie habe ich viel Positives erfahren und dass sich die Community gegenseitig aufbaut und unterstützt. Dennoch gibt es leider auch die andere Seite", erklärt Julia Sommer. Sie selbst versucht sich aber davon fernzuhalten. „Es ist ein Hobby und sollte nichts außer Freude bringen.“
Die witzigsten Erlebnisse als Cosplayerin sind laut Julia Sommer aber immer die, wenn sie im Cosplay in der Öffentlichkeit ist. „Man erlebt so viele verschiedene Reaktionen - von positivem Zuspruch, zu verstörten/verwirrten Blicken bis zu unbekannten Menschen, die Fotos mit dir machen möchten, obwohl sie nicht mal wissen, wer oder was du bist.“
Instagram-Account von Julez (@kikikobanjo)
Nico Lang
Mai 2023