Verbinder, Brückenbauer, Vermittler und Grenzgänger
Geboren und aufgewachsen in Papadianika, einem Dorf im Süden Griechenlands, begann Rouvelas' musikalische Reise schon in jungen Jahren. Er erlernte als Kind die Bouzouki, ein griechisches Volksinstrument, und beschäftigte sich schon bald am örtlichen Konservatorium mit Musiktheorie. Während seiner Teenagerjahre arbeitete er jeden Sommer mit Gleichgesinnten in einem Volksorchester-Projekt, in dem unterschiedlichste Instrumente zusammenkamen. Die intensiven Proben mündeten in zahlreiche Konzerte. Die Art der Orchesterarbeit, insbesondere das Harmonisieren von heterogenen Klangtypen und Ideen, sollte Rouvelas' weiteren Weg beeinflussen.
Von Griechenland nach Graz
Der junge Musiker setzte sein Musikstudium an der Aristoteles-Universität für Musik in Thessaloniki fort und lernte Yannis Malouchos sowie Alexis Porfyriadis kennen, der ebenfalls dort unterrichtete. Beide hatten zuvor in Graz Komposition studiert und waren nach Griechenland zurückgekehrt, um ihre musikalischen Karrieren fortzusetzen. Rouvelas studierte Komposition bei Dimitri Papageorgiou, der ebenfalls in Graz studiert hatte. Es dauerte nicht lange, bis Rouvelas diesem Weg folgte und sich für ein Kompositionsstudium bei Beat Furrer in Österreich entschied, wohin er im Alter von 25 Jahren zog, um sein Masterstudium abzuschließen.
Trotz seiner Liebe für Heavy Metal fand er nach Jahren wieder zur griechischen Musik, insbesondere zum Rembetiko. In Graz verdiente er seinen Lebensunterhalt, indem er in Restaurants griechische Musik spielte und sein Repertoire mit internationalen Einflüssen erweiterte. Außerdem war er Mitbegründer des Clubs Echos, der zu einer Drehscheibe für den interkulturellen musikalischen Austausch wurde. Seine Musik wurde von zahlreichen Ensembles und Organisationen aufgeführt und er erhielt Aufträge, u. a. vom Athener Staatsorchester, den Ensembles Musikfabrik, Schallfeld, DissonArt, Zeitfluss, airborne extended.
Melodik des Mittleren Ostens
Rouvelas' Herangehensweise an moderne Musik konzentriert sich auf die Entdeckung eines Klangs und einer Farbe, wobei für ihn jede Komposition trotz einer gemeinsamen Ästhetik innerhalb der zeitgenössischen Musik immer neu beginnt. So sind das "Anfangen" und die ursprüngliche Entdeckung der Kern und das Wesen eines Stückes. Er liebt es, Strukturen zu vermischen, um unvorhersehbare Klänge zu schaffen, die dem Hörer das Gefühl geben, sich in einem Raum der virtuellen Realität zu befinden. Rouvelas' Melodieführung ist stark von östlicher Musik beeinflusst. Diese Melodien des Mittleren Ostens, welche sich rhythmisch, in ihrer Tonhöhenstruktur, aber auch gestisch fundamental von den europäischen unterscheiden, vermengen sich zu komplexen melodischen Texturen, die seinen Kompositionen Leben einhauchen. Das Einflechten dieser tendenziell emotionalen melodiösen Elemente in die abstrakten Strukturen und Klangsprache der Avantgardetradition bzw. deren Erben ist kontrastreich und spannungsgeladen. In Rouvelas' Musik gibt es keine 100%igen reinen Geräusch- oder Harmonieblöcke; stattdessen verflechten sich beide auf eine Art und Weise, die etwas mit Körperlichkeit zu tun hat, mit Verkörperung von Klängen. Den Musiken haftet somit etwas Haptisches an, ein physischer Bezug wird hergestellt: Der Körper hat recht.
Präsenz des Komponisten
Sein im März 2023 in Ute Pinters Reihe open music "Junge Stücke" aufgeführtes Quartett „Solar Maxima" mit den Instrumenten Akkordeon, Kontrabass, Bratsche und Saxophon zeigt seine Fähigkeit, präzise Partituren zu vermitteln. Dennoch schätzt Rouvelas die Präsenz eines Komponisten zur Interpretation der Musik. Er konnte innerhalb eines Wettbewerbs, für den ein Solostück verpflichtend zu spielen war, zahlreiche Interpretationen hören, welche ein unerhörtes Spektrum auffächerten. So wurde offenbar, wie divers Musiker:innen Musik verstehen und hören, was ja gerade bei moderner Musik, ob der oft fehlenden verbindlichen Normen, ein wichtiges Thema ist. Seine Verschmelzung von Volksmusik und Komposition ist in jedem seiner Stücke offensichtlich, wobei die Spielerfahrung seine Kompositionen oft beeinflusst, von der Berührung eines Instruments bis zum Geruch und dem Griff.
Multimediale Projekte
Relativ spät trat das Interesse an multimedialer Gestaltung in Rouvelas' Arbeit hervor, nämlich als er im Rahmen seines Promotionsstudiums ein Projekt mit Video zu entwickeln begann, das die gemeinsamen Konzepte von musikalischen und visuellen Strukturen untersuchte. Davon inspiriert, begann er, sich intensiv mit Lichtdesign zu beschäftigen, das für ihn zu einem faszinierenden Hobby geworden ist. Schon 2013 wurde Rouvelas' Liebe zum Theater geweckt, als er Musik für eine Theaterproduktion in Thessaloniki komponierte. In Graz arbeitet er mit den Gruppen "aXe" und "s'Kollektiv" zusammen, für die er Musik komponiert. Neben seiner Arbeit als Komponist und Performer ist Rouvelas auch als Administrator für ein Videoteam an der TU Graz tätig.
„Kunstraum"-Stipendium für den Verein Echos
2023 erhielt Rouvelas das „Kunstraum"-Stipendium des Landes Steiermark für den Verein Echos, der im „ECHOS Atelier" in der Grazer Morellenfeldgasse Veranstaltungen durchführt und als Begegnungsraum fungiert. Dem Verein gehören aktuell 14 mit Graz verbundene Musikerinnen und Musiker an, die sich mit interkultureller Musik befassen. Sie stammen aus Griechenland, Türkei, Österreich und China. Gemeinsam geht es ihnen sowohl darum, den Menschen Musik zu präsentieren, als auch Wissen zu vermitteln und die Horizonte zu erweitern. Im ECHOS Atelier werden verschiedene Workshops zu Instrumentaltechniken, aber auch zu wissenschaftlichen Aspekten der östlichen Musik abgehalten. Echos nahm Ende 2022 an einem Symposion des Instituts für Ethnomusikologie der Kunstuniversität Graz teil. Ebenfalls 2022 erhielt Antonis Rouvelas das Startstipendium für Komposition des Bundeskanzleramtes.
Website von Antonis Rouvelas: www.antonisrouvelas.com
denovaire
Stand April 2023