Bist du Bananók!
Simon Reitmann hat während seines Atelier-Aufenthalts in Budapest dank eingeschränkter Möglichkeiten zu neuen Mitteln gefunden.
Der junge Bildhauer Simon Reitmann ist ein positiver Typ. Das merkt man, wenn er vom Atelier-Auslandsstipendium im Art Quarter Budapest (AQB) berichtet. Er fand den Aufenthalt im Mai und Juni 2023 super, meint er, und die Residency habe ihn in seiner Arbeitsweise gepusht wie seit Jahren nichts mehr. Dafür musste er ein paar kleinere Hürden überwinden.
Das AQB liegt am südöstlichen Rand der ungarischen Hauptstadt, nahe an der Haupteinfallsstraße vom Plattensee - also ungefähr dort, wo im Vergleich mit Wien Vösendorf wäre. Aber das machte Reitmann nichts aus, denn die Verkehrsanbindung in die Stadt hinein ist sehr gut. Irritierend fand er nur, dass die ungarischen Künstlerinnen und Künstler, die im AQB ihre Ateliers haben, sich eher abweisend verhielten. „Die ungarischen Künstler*innen im AQB sind nicht so offen; wenn man auf sie zugeht und sich bemüht, sind sie freundlich und hilfsbereit, von ihnen kommt jedoch relativ wenig Gastfreundlichkeit", berichtet Reitmann. Außerdem befand sich sein Quartier über einem Tonstudio, wo die Musik oft bis spätnachts durch die Decke wummerte. „Das war nicht immer angenehm; wenn man was sagt, kann man das jedoch lösen."
Das alles sind Peanuts im Vergleich zu einem weiteren Handicap, wo andere, weniger positiv gesinnte Menschen vielleicht schon das Rückfahrticket nach Österreich gelöst hätten, bevor die Residency richtig losgeht: „In meiner Arbeit verwende ich viele verschiedene Materialien und oftmals brauche ich dazu auch viele Maschinen und Werkzeuge. Diese hatte ich in Budapest jedoch nicht."
Reitmann betrachtete das halb volle Glas der eingeschränkten Gegebenheiten vor Ort und sah es als Chance, sich nach Neuem umzusehen. Er machte sich auf die Suche nach einem Material, mit dem er seine Ideen auch ohne Schmelzen, Schweißen, Gießen und Verleimen umsetzen konnte - und wurde fündig in Styrodur, einem Material, das am Bau für Dämmungen eingesetzt wird. Es ist leicht und lässt sich mit Säge und Cuttermesser in die Form bringen, die dem Künstler vorschwebte: die einer Banane. Oder, um genau zu sein: die von 45 Bananen, die er für seine Installation „Bananen, Bananas, Bananók" brauchte. Manche der Kunstfrüchte schauen echt aus, andere irritieren dadurch, dass sie z. B. einen Knick haben oder zu lange sind oder aufgefaltet sind wie nimmersatte Riesenraupen.
Er wolle mit seiner Arbeit auf die Problematik globaler Warenströme aufmerksam machen, sagt der Künstler. Spätestens seit Andy Warhols ikonischem Bananenbild eröffnet die gelbe Frucht aber auch jede Menge Assoziationsräume in den Kunstbereich, ja es gibt ganze Abhandlungen über die Banane in der zeitgenössischen Kunst.
Die Präsentation von Reitmanns Arbeit im Österreichischen Kulturforum in Budapest war jedenfalls ein voller Erfolg. „Es wurde lange über meine Arbeit gesprochen. Das war ein sehr schöner Abschluss", berichtet der Künstler. Aber nicht nur das: Die Budapester Bananóks haben ihm auch das Coverbild und eine Seite im 2023-„Up & Coming"-Special des renommierten Kunstmagazins „Parnass" eingebracht - als Vertreter der „jungen Kunstszene von morgen".
Simon Reitmann wurde 1999 in Rottenmann geboren und wuchs in Oberösterreich auf. Er besuchte die HTBLA für Bildhauerei in Hallstatt, absolvierte er eine Lehre zum Kunsttischler und die Meisterschule für Bildhauerei an der Ortweinschule Graz. Seit 2021 studiert er „Bildhauerei und transmedialer Raum" an der Kunstuniversität Linz sowie „TransArts - Transdiziplinäre Kunst" an der Angewandten in Wien. Reitmann ist Mitglied des steirischen SAMA Kunstkollektivs.
Website: www.simonreitmann.com
Werner Schandor
November 2023