Die Welt ist nicht kompliziert
Die gebürtige Griechin Eirini Korachai hält in ihrer Kunst Inspirationen aus ihrer alten Heimat Euböa, aber auch aus ihrer neuen Heimat in der Südsteiermark fest. Beschaulich ist ihr Blick auf das Leben dort wie da.
„In Griechenland hat niemand einen Kalender bei sich“, klärt die Künstlerin Eirini Korachai auf - und unterstreicht damit die Spontaneität der Begegnungen in ihrem Heimatland. Termine viele Wochen im Voraus zu vereinbaren, sei schlicht nicht üblich, man redet sich kurzfristig zusammen und sei so eigentlich nie „ausgebucht“. Was Eirini (sprich: Irini) ein großes Maß an gefühlter Freiheit verschaffte - in ihrer Wahlheimat Steiermark hat sie sich längst angepasst und führt einen Kalender mit sich -, ist auch Ausdruck einer gewissen Entspanntheit dem Leben gegenüber. Diese Haltung hat sich die junge Frau auch nach 18 Jahren in Österreich bewahrt. Außerdem verbringt sie nach wie vor sieben bis acht Wochen jährlich gemeinsam mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern in Griechenland bei ihrer Ursprungsfamilie.
Friedlich, behütet und ruhig wuchs Eirini Korachai im Fischerdorf Limni auf der Insel Euböa auf, und diese gewisse Ruhe und Einfachheit im besten Sinn prägen ihre Kunst auf wohltuende Weise. Ein Boot, eine beschauliche Familienszene, Kinder am Strand. „Bunt“ ist hier nichts, vielmehr taucht Korachai ihre Gemälde oft monochrom in Blau- oder auch Grüntöne, die den Sujets sattes Leben in harmonischen Facetten verleihen. Ein liebevoller Blick auf die Welt, den die Griechin mit ihrer Persönlichkeit in Zusammenhang bringt: „Ich bin keine schwierige Person und mag einfache Sachen, das einfache Leben - mit meinen Kindern zusammen sein, mit meiner Familie ... Und ich sehe immer die positiven Seiten des Lebens“, sagt sie über sich.
Korachai studierte in der Meisterklasse bei dem bekannten griechischen Künstler Yannis Psychopaidis an der Akademie der bildenden Künste in Athen und ging damit ihrer Liebe zum Zeichnen und Malen nach, immer diese stimmigen Szenen aus ihrer Kindheit in der Tasche, oder besser: auf der Palette. Beim Arbeiten entstehen die Themen, drängen an die Oberfläche. Alles, was sie berührt, soll auch die Betrachter berühren. Es sind die „großen“, bedeutenden Themen des Lebens - Liebe, Tod, Krieg, Familie, Erinnerungen -, die sie umtreiben und zum Pinsel greifen lassen. Als direkte Reaktion auf den Beginn des Ukraine-Krieges entstand ein Gemälde mit blauen und gelben Blumen - „was ich NIE gemacht habe - ich male nicht dekorativ!“, sorgt sich die Künstlerin um eine korrekte Einordung. „Ich wollte etwas Schönes schaffen“, erklärt Erini ihren Impuls für dieses Bild.
„Ich mag es, wenn die Farbe noch nicht trocken ist“ - die Ölmalerei ermöglicht es der Künstlerin, länger am Werk dranzubleiben, der Farbauftrag trocknet nicht so schnell. Korachai: „Man hat mehr Zeit für die Bearbeitung.“ In Österreich begann sie auch mit Acrylfarben zu malen - die Spachtel für einen pastosen Farbauftrag gehört für sie ebenso dazu. In diesen kratzt sie bisweilen Schrift oder grafische Elemente und verleiht den Gemälden damit eine weitere Ebene, eine geheimnisvolle Tiefe. Auch einige wenige abstrakte Bilder entstanden im Atelier Korachai.
Mann und Frau, monochrom nebeneinander, wie selbstverständlich in eine Welt hineingeboren, die das Komplizierte negiert, vielleicht Diffuses zulässt, aber im Grunde hat alles in dieser Welt Hand und Fuß. „Alles ist gut“, scheinen Eirinis Bilder den Betrachtern zuzuflüstern, die Welt ist im Grunde simpel gestrickt und wir Menschen tun gut daran, das wertzuschätzen, hochzuhalten und zu vertrauen. „Ich suche immer nach einer Lösung in Liebe“, versucht die Künstlerin ihren Blick auf das Leben mit Worten zu skizzieren und spricht aus, was viele von uns grundsätzlich umtreibt: „Warum gibt es Kriege? Wieso können wir nicht friedfertig sein!?"
Den Abschied von ihrer griechischen Heimat hat sie in der Bilderserie „Erinnerungen“ festgehalten und auch verarbeitet. Es sind dies mehrere Kleinformate, denn „viele kleine Bilder machen gefühlt eine große Erinnerung“. Ihre aktuelle Bilderserie stellt die Landschaften der Steiermark in den Mittelpunkt und ist, wie könnte es anders sein, in Grün gehalten.
Die Ausstellungsliste von Eirini Korachai, welche in erster Linie Ausstellungen in Athen und in der Steiermark beinhaltet, wird sich in den kommenden Jahren sicher verlängern, wenn ihre Lehrtätigkeit für Kunst und Gestaltung in einem Grazer Gymnasium, der sie seit 2022 nachgeht, wieder mehr Raum für ihre eigene Kunst zulässt. Bis dahin sammelt sie Inspirationen - in ihrer neuen steirischen Heimat genauso wie regelmäßig in Griechenland, denn: „Ich brauche das Meer und die Sonne!“
Zur Website von Eirini Korachai
Claudia Taucher
November 2024