„Eine unglaublich motivierende Residency“
Thomas Hitchcock über seinen Aufenthalt am Brüsseler WIELS
Ausgehend vom Begriff „agency" in der künstlerischen Produktion holte sich Thomas Hitchcock während seiner Residency in Brüssel wertvolle Impulse für die vielschichtige Offenlegung des Begriffs in seiner künstlerischen Arbeit.
Das steirische „Artist in Europe"-Stipendium ist seit mehreren Jahren an das WIELS - Zentrum für zeitgenössische Kunst in Brüssel angedockt. Es bietet im Halbjahresrhythmus neun internationalen Kunstschaffenden ein Stipendium, in dessen Rahmen sie, vom englischen Künstler Simon Thompson sowie den Belgiern Sylvie Eyberg und Michael van den Abele kuratiert, ein Projekt erarbeiten sollen. In den wöchentlich stattfindenden Feedbackrunden werden einzelne Arbeitsschritte reflektiert, besprochen, diskutiert, verworfen oder verdichtet. Am Ende eines jeden Aufenthalts steht eine Präsentation im WIELS.
Dieser gemeinsame Austausch über einen momentanen Prozess - die eigene künstlerische Forschung - ist für Thomas Hitchcock der besondere Fixpunkt dieser Residency. „Gleichzeitig ist der wöchentliche Austausch mit elf anderen professionellen und motivierten Kunstschaffenden und das gemeinsame Wachsen und Kreieren der eigenen Arbeit auch der wertvollste Teil dieses Stipendiums."
Wir haben bei Thomas Hitchcock nach seinen Erwartungen und Eindrücken von Brüssel und vom Stipendium gefragt:
Was hast du dir von deinem WIELS-Stipendium in Brüssel erwartet?
Die Residency ist eine unglaublich wertvolle Möglichkeit, über einen langen Zeitraum intensiv an meinen Projekten arbeiten zu können. Sie ermöglicht mir einen intensiven und professionellen Austausch über diesen langen Zeitraum zu etablieren, der auch über die Dauer der Residency erhalten bleibt, und mit dem ich inhaltlich in zukünftigen Projekten weiterarbeiten kann.
Was war dein erster Eindruck von Brüssel?
Brüssel ist ein diverser, einladender, chaotischer und kulturell extrem heterogener Ort. Es ist ziemlich einzigartig, sich im Stadtraum zu bewegen und mitzuerleben, wie sich die Prägung und Atmosphäre der einzelnen Viertel verändert, teilweise von einer Straße zur nächsten.
Und was war dein erster Eindruck vom WIELS?
Ich war beeindruckt von dem Ort, der Institution WIELS, von der Art und Weise wie wir Residents nicht nur von den Mentor*innen, sondern auch von allen Mitarbeiter*innen im Haus willkommen geheißen wurden. Es ist unglaublich motivierend zu sehen, welcher Stellenwert der Residency in der Institution WIELS gegeben und was für ein sehr professioneller, aber zugleich familiärer und fördernder Rahmen darum kreiert wird. Der Residency-Beginn war ein sehr positiver Moment!
Über sein künstlerisches Vorhaben am WIELS erzählte Thomas Hitchcock: „Momentan beschäftige ich mich in meiner künstlerischen Praxis stark mit der Relation zwischen Betrachter*in und Kunstwerk, reflektiere die Potenzialität von Ausstellungen und interessiere mich für die Verflechtungen von Ästhetik und Inhalt. Dies wollte ich auch während der Residency fortführen und vertiefen. Dafür verwende ich gerade viel Echt-Antik-Glas als Material für meine Objekte, arbeite aber auch mit Malerei, Zeichnung und Objets trouvés."
Die Brüsseler Stadtarchitektur mit den Ornamenten und dekorativen Elementen beeinflusste den Künstler in seiner Arbeit, da ihn auch Ästhetik und Formen ästhetischer Verführung faszinieren. Seine Brüsseler Zeit sieht er als wertvolle Zeit der persönlichen Weiterentwicklung und auch der Vertiefung seiner künstlerischen Arbeit, indem er seine Auseinandersetzung mit Materialien erweiterte und seine Arbeits- weise mit inszenierten sowie gefundenen Objekten komplettierte. 2023 wird er all seine Erkenntnisse mitnehmen zu einem weiteren Auslandsstipendium, diesmal vom Kunst- und Kulturministerium (BMKÖS), in Paris.
Kurzbio Thomas Hitchcock
Geboren 1989 in Bruck/Mur, lebt und arbeitet in Wien. Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Brigitte Kowanz und Teilnahme am „Maumaus Independent Study Program" in Lissabon; zahlreiche internationale Residencys und Ausstellungen.
Aus der Publikation zu den steirischen
Kunst- und Kulturpreisen 2022