Kunstarbeiter mit Benefits

Was fast zu schön klingt, um wahr zu sein, ist das Resultat jahrelanger Beschäftigung mit Dingen und Menschen, die eben interessant sind. Der Multifunktionskünstler David Reumüller ist vor und hinter den Kulissen und Bühnen aktiv, produziert selbst Kunst, arbeitet aber auch an der Erschaffung, Archivierung und Sichtbarmachung der Arbeiten anderer mit. Nach dem Besuch der Ortweinschule gründete David Reumüller zusammen mit Alex Ebner das Kunstkollektiv crew 8020 auf Firmenbasis. Hier wurde gemeinsam „Kunstarbeit" geleistet: Dienstleistungen wie der Aufbau von Ausstellungen und Ähnliches wurden angeboten, um eigene Projekte wie Bücher, Filmabende, Ausstellungen oder Konzerte zu finanzieren.

Bildende Kunst außen und innen
„Eigentlich ist die bildende Kunst mein Hauptberuf - die restlichen Leidenschaften tauchen immer wieder stärker und schwächer in meinem Berufsleben auf", so Reumüller, der sich nach einer Kindererziehungspause 2018 wieder stärker auf die bildende Kunst konzentrierte. Auch hier werden so ziemlich alle Genregrenzen überschritten und miteinander gemischt. Er malt auf herkömmlichen Leinwänden oder auch auf leer stehenden Häusern in Ottakring und Knittelfeld, benutzt Licht und Ton genauso wie Acryl und Öl und baut Skulpturen, die Wörter formen, Situationen nachstellen oder einfach für sich stehen. Dabei wird immer wieder Musik integriert: Manche Ausstellungen sind eine Art Live-Konzert oder begehbare Rauminstallation. Einzel- und Gruppenausstellungen zeigten seine Arbeiten vom Kunsthaus Graz bis hin zum Sharjah Art Museum in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Seine Video- und Soundinstallationen wurden bei Lichtkunst-Festivals wie Lichtstadt Feldkirch, Klanglicht Graz, in der Lenzerheide (Schweiz) oder beim „BlikBlik" in Pilsen gezeigt. Vertreten wird er von den Galerien Bachlechner, Grill und Lisi Hämmerle. 2021 erhielt David Reumüller den Kunstförderungspreis der Stadt Graz, 2024 das Arbeitsstipendium für Bildende Kunst der Stadt Graz.

Soundtrack für Literatur und Humor
Die Band  Reflector, gegründet 1997 mit Andreas Heller, besteht nach wie vor. Die Musik bewegt sich zwischen Sludge, Alternative Rock, Noise und Doom Metal. 2019 stieg Bassist Martin Plass in die Band ein. 2022 feierten Reflector ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum mit insgesamt fünf veröffentlichten Studioalben, diversen EPs, Split-Veröffentlichungen und einem Jubiläums-Boxset namens 15. Die Band trat regelmäßig an Orten der Subkultur wie dem Volkshaus, der Postgarage und dem Forum Stadtpark auf, ebenso in Städten wie Wien, Berlin, Budapest, Amsterdam und Leipzig.

Muscle Tomcat Machine ist ein Bandprojekt mit Manfred Engelmayr (Bulbul) und Wolfgang Lehmann (Mile Me Deaf, Voyage Futur). Gemeinsam mit Christoph Grissemann starteten David Reumüller und Manfred Engelmayr 2022 das Projekt Thomas Bernhard Machine, in dem der Schriftsteller Thomas Bernhard als fiktiver Frontmann einer Band herhalten muss. Die Formation trat in renommierten Häusern in ganz Österreich auf, darunter das Rabenhoftheater in Wien, die Arena in Salzburg, das Orpheum in Graz und das Treibhaus in Innsbruck.

Für das Kabarettprogramm "Rouladen" von Christoph Grissemann und dem Maschek-Macher Robert Stachel, das im Oktober 2024 im Rabenhoftheater seine Premiere feierte, steuerte Muscle Tomcat Machine die Musik bei.

Ausstellungen und Anthologien
Das Rockarchiv Steiermark ist online abrufbar und umfasst 12.000 Datensätze, Fotos und Interviews von und mit steirischen Musiker:innen. 2010 gab David Reumüller zusammen mit Robert Lepenik und Andreas Heller die Anthologie „Rockmusik in der Steiermark bis 1975" (Edition Keiper) heraus, die bereits nach vier Monaten vergriffen war. Für das Festival des österreichischen Films, die Diagonale, steuerte er bislang zwei Ausstellungen bei (Johnny Silver - Superposition, 2017, und David Reumüller - CLOSE UP / FADE OUT). Bei der einen inszenierte er Johannes Silberschneider als fiktiven Star samt Starschnitt-Poster à la Teenie-Magazin Bravo, bei der anderen ließ er die Besucher:innen in die Atmosphäre eines Filmsets samt Geräuschkulisse eintauchen.

Gemeinsam mit Maria Froihofer und Karl Wratschko erstellte er für das Museum für Geschichte die Ausstellung POP 1900-2000, die sich der U-Musik in der Steiermark widmete und von März 2019 bis Januar 2020 zu sehen war. Ein umfangreicher Ausstellungskatalog zur Schau erscheint Anfang 2025.

Popkultur jetzt und damals
Beim Fernsehfilm „Austropop Made in Styria - Eine kleine Geschichte der steirischen Rockmusik" (2012) von  Markus Mörth wirkte David Reumüller als Regieassistent mit und führte sämtliche Interviews. Für den Dokumentarfilm „Failed Revolution?!" (2020) von David Višnijć und Simon Olipitz, der Austropop-Legenden und Ex-Revoluzzer wie Thomas Spitzer (EAV), Boris Bukowski und Stefanie Werger interviewte, verfasste er das Drehbuch. Sein Lieblingsfilm ist jedoch jener, der von seinem Nachbarn in St. Andrä-Höch in der Steiermark handelt und auch dessen Namen trägt: Manfred Perl ist der Erfinder des weltweit größten Klapotetzes und hat die Steiermark noch nie verlassen. Begleitet von einer Filmcrew (Jörg Stefke - Kamera, Matthias Feldmann - Ton und David Reumüller - Regie) begibt er sich 2013 auf eine Reise nach London, um ein getischlertes Auftragswerk abzugeben.

Gemeinsam mit dem Historiker und Social-Design-Experten Karl Stocker kuratierte David Reumüller das Communication24 Knittelfeld, das an zwei Wochenenden den 800. Geburtstag der Stadt Knittelfeld mit einer geballten Portion Popkultur feierte. Die meisten der hierfür gebuchten Künstler:innen sind genau jene Menschen, mit denen es David Reumüller nie langweilig wird: Bulbul, Monique Fessl, Christoph Grissemann und Dirk Stermann, Diagonale unterwegs, Voodoo Jürgens, Attwenger, Fuzzman, EsRap und viele weitere brachten die Popkultur nach Knittelfeld.

Links:

• David Reumüller  https://david.reumueller.com
• Muscle Tomcat Machine  mtm.klingt.org
• communication24 Knittelfeld  www.communication24.at
•  "Kunstfunken"-Podcast #61 zu c24K mit David Reumüller und Karl Stocker
• Reflector  http://www.reflector.at
• Film " Manfred Perl" (2015)

Lydia Bißmann
Dezember 2024