Wenn Roboter zu malen beginnen …
Die Verknüpfung von Technik und Kunst liegt dem künstlerischen Ansinnen Niki Passaths zugrunde: oder Performance verknüpft mit Malerei, und der Künstler sieht zu.
Robotische Kunst: Die Maschine wird programmiert, mit Farbe und Pinsel bestückt, auf eine auf dem Boden liegende, auf einem Holzrahmen aufgespannte Leinwand aufgesetzt und auf die Reise geschickt. Die surrende Maschine kann am etwas höheren Holzrand hängen bleiben oder sich fortwährend im Kreis drehen - das Programm ist einfach und gibt keine fixe Richtung vor. Fazit: Jedes gemalte Bild ist ein individuelles Produkt. Die Maschine selbst ist ein konstruiertes Objekt aus verschiedenen Materialien, wie Holz, Plastik, Drähten, Leiterplatten, Motoren und Pinseln.
Der Künstler Niki Passath ist kein Techniker per se, mehr ein Choreograf, der seine Maschinen dirigiert und performen lässt. Bei manchen Ausstellungen inszeniert er „Live-Painting", das Bild als malerischer Prozess. Der Kontext zur robotischen Live-Kunst ist verschieden lesbar: die Zeit als sichtbare Ebene, als realer Teil des Prozesses und die maschinelle Reproduktion als immanenter Gedanke.
Niki Passath ist der Kunst schon sein Leben lang verbunden, mit fünf Jahren begann er Cello zu spielen, mit elf Jahren kam er an die Kunstuniversität Graz, die er mit 17 Jahren verlassen musste: Zuwenig geübt? Oder wie er selbst es beschreibt: „Ich war zu faul."
Von Faulheit kann aber gar nicht die Rede sein. Die Musik war dem Künstler eine Basis für seinen Weg in die bildende Kunst, die andere Basis legte seine Faszination für Computer, das Gerät an und für sich. „Es ist die Symbiose, die mich fasziniert - zuerst waren es die Musik und das Instrument Cello, jetzt heißt das Instrument Computer", erzählt der Künstler. Da der Computer oder die damit konstruierte Maschine das intuitive Arbeiten eines bildenden Künstlers verhindert, ging die technokratische Beschäftigung seinen Worten nach schon in Richtung Besessenheit: „Die Möglichkeiten scheinen mir in diesem Bereich enorm." Niki Passath fing an, Realwelten in Computerwelten zu übertragen, dazu zählt auch sein interpretatorischer Blick auf die Frage: Was ist Emotion und was ist Künstliche Intelligenz?
„Niki Passath beschäftigt sich in seinem künstlerischen Schaffen mit dem Geheimnis des Lebens", so lautet der erste Satz in seiner Biografie. Er ist „ein Künstler, dessen künstlerische Praxis sich durch einen stringenten interund transdisziplinären Charakter auszeichnet. Charakteristisch ist dabei ein spezifisches gattungsübergreifendes Moment - in seinen Performances, Installationen, Objekten, Zeichnungen und in seiner Malerei werden verschiedene Disziplinen und Methoden der unterschiedlichen Kunstgattungen miteinander verschmolzen", schreibt Elisabeth Saubach in ihrem Buch „Niki Passath - Performative Kunst".
In der Arbeit an seinen Konstruktionen und mit Robotern ist er einem Grundsatz der japanischen Naturreligion Shintoismus nahe: „Alles ist beseelt." Seine Maschinen - es sind mittlerweile über 50 Stück - bleiben bei ihm, auch wenn sie am Zerfallen sind. Zuerst gab er seinen Konstruktionen noch Namen, sein jüngstes Maschinenprodukt nennt er „kleiner Wilder", eine Maschine mit eingebautem Webserver, und so stellt sich Niki Passath auch seinen nächsten Schritt vor: der autonome Malroboter über einen Webserver gesteuert. Somit kann der Künstler über große Entfernungen seine Maschinen mit Handlungsanweisungen zum Live-Performen und Malen verschicken - und weiterhin von daheim aus ansteuern oder einwirken. Und wie sieht es mit der Emotion oder der Seele in seiner transbildenden Kunst nun aus? „Eine Lebendigkeit, ein Geist oder eine Seele in der Maschine ist und bleibt eine Referenz. Aber eben in jenen Spielräumen der robotischen Interpretation liegt auch das scheinbar autonome Verhalten des Roboters verborgen." (Elisabeth Saubach)
Für die Zukunft denkt sich der Absolvent der Universität für angewandte Kunst: „Es ist noch so viel möglich, denn wenn das Ding gelöst ist, ist es nicht mehr interessant." Und hier setzt er wieder an und beginnt selbst zu malen, zwischendurch halt.
Kurzbio
Geboren 1977 in Graz, studierte mit elf Jahren Cello, begann 1995 mit dem Architekturstudium und diplomierte 2004 in digitaler Kunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien - bei Thomas Fürstner, Karel Dudesek und Peter Weibel. Von 2004 bis 2018 war er Universitätslektor bzw. Universitätsassistent bei Brigitte Kowanz, Thomas Fürstner, Virgil Widrich und Ruth Schnell tätig.
Text aus der Begleitpublikation zu den
Kunst- und Kulturpreises des Landes Steiermark 2021
Stand: Oktober 2021