Zwischen variablen Feldern
Die Grazerin Helene Thümmel agiert nicht nur zwischen analogen und digitalen Medien, sondern auch zwischen bildender Kunst und Theater.
„Ich schätze den Lebens- und Arbeitsraum Graz, weil es da eine coole Szene, ein breit gefächertes Feld und eine hervorragende künstlerische Diversität gibt", erklärt die vielfältig aktive Grazer Künstlerin Helene Thümmel. Sie ist zwar fest verwurzelt in der steirischen Landeshauptstadt, trotzdem gehen ihr künstlerischer Blick und ihre Aktivitäten weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus.
Das künstlerische Credo der 1990 in Graz geborenen Künstlerin findet man auf ihrer Website: „Meine Projekte befassen sich mit Raum, Materialität und Situationen. Ich erforsche die Auswirkung auf eine Umgebung, die Logistik und Organisation, die Beziehung zwischen einem Raum und einem Körperteil, zwischen einer Person und einem Gebäude, zwischen einer Gruppe und ihrer Stadt. In umfassenden Beobachtungen und in detaillierter Recherche ermittle ich Zusammenhänge und Einflüsse zwischen variablen Feldern. Ich arbeite in Konzepten und forsche an der Entwicklung von Situationen und Umständen unter Verwendung von Text, Objekten, Videos, Collagen, Fotografie sowie architektonischen Lösungen oder Installationen. Viele meiner Arbeiten basieren auf historischen oder aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft. Dabei sehe ich Architektur nicht als Rahmen eines Prozesses, sondern als aktiven Teil davon."
Das KUNSTRAUM STEIERMARK-Stipendium 2021 gibt der Künstlerin mehr Zeit und Raum, um mit neuen Materialien zu experimentie- ren, um Möglichkeiten in einem künstlerischen Prozess auszuprobieren. Gleichzeitig spürt sie dadurch auch Anerkennung. Ganz in diesem Sinne hat die studierte Architektin schon an zahlreichen Gruppen- ausstellungen teilgenommen. Zuletzt etwa im Jahr 2020 im Grazer <rotor> (Zentrum für zeitgenössische Kunst) an der Schau „Do not feel free to do what I want", die 2019 auch schon in der ukrainischen Stadt Charkiw zu sehen war.
Auch für die Theater- und Filmszene hat Helene Thümmel schon viele Beiträge im Bereich Bühnenbild und Kostüme geliefert. So arbeitet sie seit vielen Jahren am Schauspielhaus Graz oder am Theater im Bahnhof Graz. „Mir gefällt die breit aufgestellte Theaterlandschaft in Graz - vom altehrwürdigen Schauspielhaus bis zu den vielen kleinen, freien Gruppen", betont Thümmel.
Und das künstlerische Arbeiten in Corona-Zeiten? „Im Theaterbereich war es wegen der ständigen Lockdowns extrem schwer, aber ich habe viel Zeit gehabt, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen und bin trotzdem viel im Atelier gewesen und habe dort viel gearbeitet - alles in allem waren die bisherigen Pandemie-Monate für mich eine interessante Erfahrung", zieht Helene Thümmel eine vorläufige Corona-Bilanz. Ihre Arbeit als Bühnenbildnerin und Kostümbildnerin am Theater und in der freien Szene war sehr ein- geschränkt. Dadurch verlagerte sie auch ihre Arbeitsschwerpunkte zu Themen wie „Quarantäne" und „Ausbruch aus der Quarantäne (Parallelwelten)". Und dann war da auch noch Zeit für ein 2015 begonnenes Rechercheprojekt: „Where is Tito?/Wo ist Tito?"
„Ich liebe die Recherche, das Hineinvertiefen in Themen", bekräftigt Helene Thümmel. „Wo ist Tito?" soll 2022 in Ausstellungen in Slowenien und in Graz gezeigt werden.
Gleichzeitig liebt sie das Live-Agieren am Theater - und beschreibt die Bedingungen ihrer täglichen Arbeit: „Das Papier ist ein geduldiger Begleiter und der Computer ein Werkzeug und Medium für diverse künstlerische und grafische Elemente." Lernen ist für sie ein grundlegender, aktiver Prozess, den sie durch das Ausprobieren und Entdecken von neuen Materialien und Techniken, Eigenschaften und Ästhetik beschreitet.
Kurzbio
Geboren 1990 in Graz, studierte Architektur (BA) in Graz, Österreich und Medienkunst/Neue Medien (MA) an der School of Arts in Nova Gorica, Slowenien. Seit 2010 arbeitet sie als Bühnen- und Kostümbildnerin bei Theater- und Filmproduktionen und ist/war Teil verschiedenster Kunstkooperationen und -verbände. Als Künstlerin bewegt sich Helene Thümmel zwischen analogen und digitalen Medien.
Text aus der Begleitpublikation zu den
Kunst- und Kulturpreises des Landes Steiermark 2021
Stand: Oktober 2021