Zusammen etwas schaffen
Tereza Gugg-Kalábová und Johannes Gugg gehören zu den vielversprechendsten jungen Musikern Österreichs. Nach Preisen in Deutschland, Tschechien, Rumänien und Bulgarien gewannen sie im Februar 2025 den renommierten Kammermusikwettbewerb „Franz Schubert und die Musik der Moderne“ an der Kunstuniversität Graz (KUG).
Es ist ein wichtiger Preis für die beiden in Graz lebenden Künstler: „Wir haben uns sehr darüber gefreut, weil es ein großer Wettbewerb für Klavierduos ist", sagt Tereza Gugg-Kalábová, „und einer der schwersten dazu. Es ist eine besondere Auszeichnung, wenn man bei so einem Wettbewerb einen Preis machen kann."
Musikalisches Gespräch
Zwanzig Klavierduos wurden von der Jury für die Teilnahme am 12. Kammermusikwettbewerb an der KUG vor-selektiert. Acht Duos im Semifinale und vier im Finale mussten in jeder Runde jeweils ein Stück von Schubert und moderne Kompositionen spielen. Franz Schubert ist jener Komponist, der das umfangreichste Oeuvre für vier Hände am Klavier geschaffen hat. „Schuberts vierhändige Stücke haben klassische Strukturen, aber die Idiomatik und der Ausdruck verweisen auf die Romantik", erklärt Tereza. „Das zu kombinieren und beim Spielen zu halten, damit es nicht zerfällt, ist wirklich anspruchsvoll."
Im Konzert ist es faszinierend zu beobachten, wie die beiden jungen Pianisten - beide Jahrgang 1998 - harmonisch interagieren und die Klangräume zwischen sich erlebbar machen. „Ein brillant geführtes musikalisches Gespräch", urteilte die polnische Musikjournalistin Anna Woźniakowska. Und auch beim Interview eine Woche nach dem Wettbewerb greifen Johannes & Tereza die Fragen gemeinsam auf, spielen sich die Antworten gegenseitig zu und erzählen oftmals wie aus einem Mund von ihrem musikalischen Werdegang, ihren musikalischen Vorstellungen und von ihren Plänen.
Duo seit dem 14. Lebensjahr
Johannes und Tereza sind seit einigen Jahren auch privat ein Paar, aber schon viel länger ein musikalisches Team, denn die beiden wurden im Lehrgang für Hochbegabte, den sie an der KUG belegten, bereits mit 14 von ihrer Klavierlehrerin Ludmilla Satz zusammengespannt. In Interviews erzählt Tereza manchmal, wie seltsam es für die zwei Teenager war, beim vierhändigen Spielen so nahe nebeneinander sitzen zu müssen. Und erst wenn sich die Hände über den Tasten überkreuzten! - Höchst unangenehm. Wenige Jahre später sind sie ein perfekt eingespieltes Team, das am Klavier zu einem einzigen Organismus wird.
„Unsere musikalische Vorstellung ist schon sehr ähnlich", sagt Tereza, „auch weil wir den gleichen Werdegang hinter uns haben. Die musikalische Idee und wie wir die Musik hören, ist bei uns gleich, und das ist beim Zusammenspiel sehr wichtig - da haben wir einen Vorsprung." Und Johannes unterstreicht: „Wir sehen uns als Duo. Da können wir uns auch besser abheben von der Masse. Unter den Solo-Pianisten gibt es sehr viele, die extrem gut sind. Da wissen wir, dass wir uns schwer abheben würden. Aber zusammen können wir wirklich etwas schaffen."
Dieses tiefe gegenseitige Verstehen war unter anderem in der ersten Runde vom Kammermusikwettbewerb zu merken, wo sie die Klangwelten des französischen US-Komponisten Henri Dutileux auf zwei Klavieren ausbreiteten. Der Titel des Stücks: "Figures de Resonances". „Die Resonanzen, die zwischen den zwei Klavieren entstehen, muss man fürs Publikum hörbar machen", erklärt Tereza. „Wenn man da nur ganz steif vorm Klavier sitzt, kommt das nicht so gut. Das muss man mit-üben, damit man den Raum dazwischen hörbar macht."
Gründliche, analytische Vorbereitung
In der Vorbereitung auf den Wettbewerb haben Johannes und Tereza über Wochen hinweg sechs bis acht Stunden täglich geübt und die Stücke detailliert einstudiert. „Das Spannende an den Stücken der Moderne ist, dass es so viele verschiedene Zugänge dazu gibt", meint Johannes. Und Tereza ergänzt: „Uns ist es wichtig, dass wir uns die Musik Punkt für Punkt erarbeiten und uns nicht irgendwo drüberschummeln. Gerade bei einem Komponisten wie Henri Dutilleux, den wir uns für die erste Runde ausgesucht hatten, würde es keiner merken, wenn man nicht jeden Takt versteht und durchdringt. Uns aber ist es wichtig, sehr gründlich damit umzugehen. Nur so können wir solche Stücke überzeugend spielen." Diese gründliche, analytische Vorbereitung, die keine Ausflüchte erlaubt, haben sich Johannes und Tereza während ihres Studiums für Klavier als Konzertfach bei Ayami Ikeba an der KUG angeeignet.
Im Hochbegabten-Lehrgang
Die Liebe zum Klavier begleitet die beiden schon seit ihrer Kindheit. Der Grazer Johannes Gugg wurde bereits mit 7 Jahren für den Unterricht an der Kunstuniversität angenommen. Auch Tereza Kalábová, die in Mähren in der Nähe von Brno (Brünn) aufwuchs, tat sich bereits früh am Klavier hervor. Als sie mit 11 Jahren etwas halbherzig für einen Wettbewerb übte und ihre Eltern es ihr freistellten, weiterzumachen oder aufzuhören und dafür mehr Freizeit zu haben, entschied sie sich bewusst für die Musik und legte ihren ganzen Elan in das Klavier. Ihre Lehrerin am Konservatorium in Brünn vermittelte sie als Zwölfjährige an den Hochbegabtenlehrgang der KUG. Alle zwei Wochen wurde Tereza von ihren Eltern am Freitag in der Früh nach Graz gebracht, dann wurde zwei Tage intensiv geübt, am Samstagabend ging es wieder zurück. „Ich habe Österreich geliebt und wollte unbedingt hier bleiben", erinnert sich die Pianistin.
Zahlreiche Auszeichnungen
Nach der Matura schafften Johannes und Tereza den Sprung vom Hochbegabten-Lehrgang ins reguläre Studium ohne Probleme. Noch vor dem Studienabschluss (mit Auszeichnung) 2022 hatten sie als Duo bereits bei mehreren Wettbewerben auf sich aufmerksam gemacht, unter anderem beim ARD-Musikwettbewerb 2021, wo ihnen ein Sonderpreis zuerkannt wurde. Ebenso gewannen sie den österreichischen „prima la musica"-Wettbewerb (zwei Mal), und auch bei internationalen Wettbewerben für Klavierduos in Jesenik (Tschechien), Brünn (Tschechien), Sofia (Bulgarien) und Bukarest (Rumänien) konnten sie die Jurys von sich überzeugen. Darüber hinaus spielte das junge Duo bereits mit verschiedenen Orchestern wie dem Münchener Kammerorchester, der Philharmonie Krakow, der Webern Kammerphilharmonie sowie dem Orchester des Konservatoriums Brno.
Gastspiel im Wiener Konzerthaus
Ganz oben in ihrer Biografie stehen aber die ersten Auftritte an den Weihestätten der Wiener Klassik: dem Wiener Konzerthaus und dem Musikverein. „Das haben wir sehr genossen", sagt Tereza. Und Johannes ergänzt: „Nach dem Konzert würde man am liebsten noch im Saal bleiben. Es ist schön, wenn man sich überlegt, wer dort schon alles aufgetreten ist und welches Ansehen diese Institution hat."
Seit 2023 absolvieren Johannes und Tereza an der KUG das Masterstudium für Klavierduo beim renommierten deutsch-israelischen Klavierduo Silver-Garburg, Sivan Silver und Gil Garburg. Dabei spielt die Suche nach der perfekten Balance in jedem Stück eines der Kernelemente in der Vermittlungsarbeit. „Es geht um ein perfektes Klangbild. Dass es wirklich wie von einer Person klingt", erklären Johannes und Tereza. Nachsatz: „Natürlich gibt es auch Passagen, wo man im Stück zwei Charaktere herausarbeiten muss; aber wenn es um ein homogenes Klangbild geht, dann muss man genau wissen, welche Stimme wann im Vordergrund stehen muss."
Für 2025/26 wurde das Klavierduo Kalabova & Gugg ins NASOM-Förderprogramm des Außenministeriums aufgenommen. Dadurch erhalten sie die besondere Unterstützung der österreichischen Kulturinstitute bei Auftritten im Ausland. Noch gibt es im Terminkalender Platz für zusätzliche Engagements, aber das könnte sich bald ändern, denn der Grazer Schubert-Wettbewerb bot auch reichlich Gelegenheit zum Netzwerken.
Nächste Pläne? - Am liebsten eine CD aufnehmen. An der Auswahl der Stücke wird schon länger getüftelt, aber welche Werke aus dem umfassenden Repertoire für vier Hände oder zwei Klaviere es dann wirklich auf das Album schaffen, wird noch nicht verraten. Kann gut sein, dass sich auch ein für den Kammermusikwettbewerb einstudiertes Stück auf der CD findet.
Werner Schandor
März 2025