Die Energie des Gypsy Swing
Gitarrist Simon Reithofer ist ein Fixpunkt der Grazer Weltmusik-Szene und dank Markenzeichen Clark-Gable-Bart und Hut auch eine stilsichere optische Erscheinung.
2025 wird wieder ein üppiges Jahr für Simon Reithofer: Zum einen verstärkt er das Moritz Weiß Trio auf dessen neuem Album „Wind", zum anderen bildet er gemeinsam mit Bernd Kohldorfer (Akkordeon) und Tobias Steinrück (Kontrabass) das „Mosaic Trio", und auch hier steht ein neues Album an, das im Herbst 2025 erscheinen wird. Aber das sind nicht die einzigen musikalischen Betätigungsfelder von Reithofer. Mit dem „Club Mineur" spielt er Gipsy Swing, mit „Tribidabo" geht es in Richtung Tango, die „Prohibition Stompers", wo er das Banjo zupft, kommen vom Dixieland. Das klangliche Abenteuer verdichtet sich zum Amalgam des „Simon Reithofer Quartetts", dessen Eigenkompositionen mit einer Prise osteuropäischer Musik gewürzt sind, in die sich auch die eine oder andere orientalische oder fernöstliche Akkordfolge mischt.
Die frühe Blüte des europäischen Jazz
„Der Weg in Richtung Weltmusik hat sich erst zu Ende des Studiums herauskristallisiert", erzählt Reithofer beim Gespräch im März 2025. Der Grazer eignete sich in jungen Jahren autodidaktisch das Spiel auf der akustischen Gitarre an, stolperte dann, wie er sagt „in die improvisierte Musik hinein", machte über erste Banderfahrungen die Bekanntschaft mit dem Swing von Django Reinhardt und entdeckte in dieser frühen Blüte des europäischen Jazz seine große musikalische Liebe, die seither die Basis für die meisten seiner Unternehmungen bildet. Reithofer: „Das Schöne an der Musik von damals ist, dass sie sehr auf der Volksmusik aus Osteuropa beruht, die schon eine große Faszination für sich hat, und die sich mit der treibenden Musik des Swing gemischt hat, die aus Amerika gekommen ist." Im Lauf der Zeit hat sich für diese Musikrichtung die Bezeichnung Gipsy Swing etabliert.
Traditionelle Spieltechnik
Reithofer absolvierte ein Studium der Gitarre und Instrumentalpädagogik in Klagenfurt; an der Kunstuniversität Graz eignete er sich im Studienfach Musikwissenschaft noch die theoretischen Finessen an. „Im Zuge meines Gitarrenstudiums bin ich tiefer in die Feinheiten der Musik und auch in die Feinheiten der akustischen Gitarre eingetaucht", erzählt er. So entdeckte er, dass die Gitarren-Spieltechnik eine ganz andere war, bevor die E-Gitarre begann, alles zu dominieren. „Die alte Technik ermöglichte, dass man eine andere Projektion und einen lauteren und volleren Klang mit dem Instrument erzeugt. Mit der Erfindung der E-Gitarre rückte dieses Wissen in den Hintergrund und eine weichere Spielweise übertrug sich auch auf die akustischen Instrumente", sagt der Gitarrist, der die wiederentdeckte traditionelle Spieltechnik pflegt.
Reithofers tiefes Wissen um die klanglichen Möglichkeiten akustischer Gitarren flossen in mehrere Modellreihen ein, die der Grazer Gitarrenbauer Christoph Seewald im Portfolio führt, darunter adaptierte Nachbauten legendärer Favino-Modelle. Simon Reithofer selbst ist oft mit seiner „Seevino" auf der Bühne und in den Musikvideos zu sehen, die er für und mit seinen Formationen aufnimmt. Denn der Mann an der Gitarre ist auch regelmäßig hinter der Kamera anzutreffen: Gemeinsam mit seinem Bruder Abraham rückt Simon Reithofer als „Reithofer Media" heimische Bands auf Fotos und in Videos ins rechte Licht, darunter Simone Kopmajer, Anja Om, Manu Delagu, „Granada" und „Da Blechhauf'n".
Aktuelle Projekte
Über die Foto- und Videoproduktion, sein zweites Standbein neben der Musik, lernt Simon Reithofer immer wieder auch Menschen kennen, die sich für musikalische Kollaborationen anbieten. Über diesen Umweg kam es zum Beispiel zur Zusammenarbeit mit dem „Moritz Weiß Klezmer Trio". „Moritz hat für die Band jemanden gesucht, der neben seiner Klarinette eine zweite Melodiekomponente einbringt. Ich kannte sowohl Moritz als auch Niki Waltersdorfer (Gitarre) und Max Kreutzer (Bass) von anderen Projekten." Seit 2024 ist das Klezmer Trio nun eigentlich ein Klezmer Quartett und geht als solches 2025 mit dem neuen Album „Wind" auf Tour.
Mit Moritz Weiß hat Simon Reithofer die musikalischen Vorlieben und eine Auszeichnung gemeinsam: Gleich wie Weiß war auch Reithofer mit seiner Trio-Formation Tribidabo (Matthias Meister - Saxophon, Bernd Kohlhofer - Akkordeon) 2021/22 im Musikförderprogramm NASOM („New Austrian Sound Of Music") vertreten. Davon zeugt unter anderem ein sehr schönes digitales Lockdown-Konzert, das man 2021 für das österreichische Kulturinstitut in Teheran gab, und das man auf Reithofers Youtube-Kanal nachschauen kann.
Blindes Verständnis
Das eingangs erwähnte „Mosaic Trio" mit Bernd Kohlhofer und Tobias Steinrück ist für Reithofer aktuell jene Formation, wo sich die vielen musikalischen Einflüsse, die er aufnimmt, homogen umsetzen lassen. Das geht bis hin zu Einflüssen aus dem arabischen Raum oder aus der mongolischen Musik. Simon Reithofer: „Mit dem Mosaic Trio versuchen wir, Melodien aus den verschiedensten Kulturen einfließen zu lassen, ohne dass wir das Ziel haben, es so authentisch wie möglich zu spielen. Wir wollen stattdessen den Begriff Weltmusik so leben, wie er vielleicht im Grunde gemeint ist - als die Verbindung verschiedenster musikalischer Sprachen und die Suche nach ihren Wurzeln." Das blinde Verständnis, das sich für Reithofer aus dem Zusammenspiel mit langjährigen Weggefährten wie Bernd Kohlhofer und Tobias Steinrück ergibt, ist für ihn auf jeden Fall ein „guter Nährboden für musikalische Abenteuer."
Zur Website von Simon Reithofer
Werner Schandor
März 2025